Der Podcast, der die Woche neu verhandelt
00:00:03: Herzlich willkommen zu Folge dreihundertsechsundfünfzig des FAZ Einspruch Podcasts, des Podcasts der FAZ zu Recht Justiz und Politik.
00:00:12: Heute ist der zehnte September zweitausendfünfundzwanzig.
00:00:14: Mein Name ist Finn Hohenschwert und mir aus Berlin zugeschaltet ist mein Kollege Patrick Barnas.
00:00:19: Hallo Herr Barnas.
00:00:20: Hallo Herr Hohenfert.
00:00:22: Gleich zu Beginn dieser Folge wollen wir über das Afghanistan-Aufnahmeprogramm der Bundesregierung sprechen.
00:00:28: Das ist nämlich nicht nur hochpolitisch, sondern spätestens seit einer Reihe jüngerer verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen.
00:00:35: Ja, da steckt eben auch viel juristisch in dem Thema drin.
00:00:38: Es geht um bereits getroffene Aufnahmezusagen für gefährdete Afghanen seit der Machtübernahme der Taliban im Jahr und die Frage, warum einige Afghanen trotz einer bereits erteilten Aufnahmezusage nach wie vor auf ihre Ausreise warten.
00:00:55: Ich möchte in dieser Folge wieder einen Literatur-Tipp loswerden.
00:01:00: Gewöhnlich senden wir ja den juristischen Literatur-Tipp ganz am Ende.
00:01:05: der Folge, so wie früher in den Zeitungen das Föhton, das allerletzte sogenannte Buch bildete.
00:01:13: Diesmal ist die Sache etwas ungewöhnlicher.
00:01:16: Ich habe ein Gespräch mit einem besonders kompetenten Leser eines neuen Buches geführt.
00:01:23: Es geht um die Biografie, die Gunilla Budde über Jutta Limbach.
00:01:29: die erste und bislang einzige weibliche Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts geschrieben hat.
00:01:37: Und darüber habe ich gesprochen mit Benjamin Limbach, dem Sohn von Jutta Limbach und den Hörerinnen und Hörern unseres Podcasts natürlich bekannt als Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen.
00:01:53: Ja, und im Anschluss an diesen sicherlich hochinteressanten juristischen Literatur-Tipps spreche ich dann mit meiner Kollegin Kim Maurus über einen Verfahren, das die letzten Wochen und Monate in aller Munde war.
00:02:03: Es geht nämlich um das Strafverfahren gegen Christina Block.
00:02:07: Der Vorwurf, sie soll die Entführung ihrer eigenen Kinder in Auftrag gegeben haben.
00:02:12: Kim Maurus hat den Prozess vor dem Hamburger Landgericht für unsere Zeitung verfolgt und sie gibt uns ja einen Überblick, wo wir gerade in dem Verfahren stehen.
00:02:19: Das gerechte Urteil hat dann auch wieder einen literarischen Stoff.
00:02:24: Es geht um einen Roman, den Roman innerstädtischer Tod von Christoph Peters.
00:02:30: Zwei Personen haben diesen Roman gelesen, haben sich dort
00:02:34: wiedererkannt
00:02:35: und versuchen bislang... ohne Erfolg diesen Roman verbieten zu lassen.
00:02:40: Ja, und alles, was sonst noch in dieser Woche in der Welt des Rechts passiert ist, das können Sie wie immer in unserem wöchentlichen Einspruchbriefing nachlesen.
00:02:48: Das Briefing wird jeden Freitag um drei Uhr verschickt und Sie können sich dafür auf unsere Website unter fuzz.net slash Einspruch anmelden.
00:03:00: Die Aufnahme von afghanischen Schutzsuchenden in Deutschland war zuletzt im Stocken geraten.
00:03:06: Denn unsere schwarz-rote Bundesregierung hatte kurz nach ihrem Amtsantritt das Aufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen de facto ausgesetzt.
00:03:16: Kürzlich aber haben Entscheidungen der Berliner Verwaltungsjustiz für eine neue Dynamik gesorgt.
00:03:23: In mehreren Einverfahren haben die Berliner Richter festgestellt, dass Aufnahmezusagen der Bundesregierung ein Rechtsanspruch auf ein deutsches Visum begründen können.
00:03:34: Und aufgrund dieser Entscheidungen landeten vergangene Woche bereits knapp fünfzig Afghanen per Linienflug in Hannover.
00:03:41: Andere hingegen warten trotz vergleichbarer Zusagen weiterhin auf ihre Ausreise.
00:03:47: Wir wollen jetzt darüber sprechen, was diese verschiedenen Fälle unterscheidet und welche rechtlichen Folgen eine Aufnahmezusage haben kann.
00:03:56: Beginnen wir mit den Grundlagen.
00:03:58: Herr Hohenschwert, worum handelt es sich bei diesem Bundesaufnahmeprogramm?
00:04:03: Ja, viele erinnern sich bestimmt noch an die dramatischen Bilder aus Kabul im Sommer-Zw.A.
00:04:08: An die überstürzte Evakuierung, die überfüllten Flugzeuge und das generelle Chaos am Flughafen.
00:04:14: Grund dafür war eben die Machtübernahme der radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan.
00:04:19: Und als Reaktion darauf hat die Bundesregierung ein Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen ins Leben gerufen.
00:04:29: Und wie der Name schon sagt, richtet sich das Aufnahmeprogramm eben an Menschen, die unter der neuen Führung im Land in besonderer Weise gefährdet sind und mit willkürlichen Verhaftungen folter bis hin zur Hinrichtung rechnen müssen.
00:04:43: Dazu zählen eben zum einen Person, die sich vor der Machtübernahme beruflich in besonderer Weise exponiert haben, also zum Beispiel Journalisten, Richter oder ehemalige Regierungsangestellte.
00:04:54: Zum anderen richtet sich das Programm aber auch an Menschen, die aufgrund persönlicher Merkmale verfolgt werden, zum Beispiel wegen ihres Geschlechts, der sexuellen Orientierung oder ihrer Religion.
00:05:05: Das sind also zum Beispiel queere Menschen oder angehörige religiöser Minderheiten.
00:05:10: Auf eine Zusage möchte man sich verlassen können, zumal in Fällen der geschilderten Art.
00:05:16: Aber was ist nun die Folge, wenn die Bundesregierung einer Person aus den von Ihnen beschriebenen Gruppen eine Aufnahme Zusage erteilt hat?
00:05:25: Führt das automatisch dazu, dass die Person ein Visum bekommen und nach Deutschland einreisen darf?
00:05:32: Ja, da sind wir auch schon direkt an dem Punkt, an dem es nicht nur politisch heikel, sondern auch juristisch interessant wird.
00:05:37: Denn Sie haben es eingangs schon gesagt, die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz verfolgt ja bekanntlich einen migrationspolitischen Kurswechsel und will die Aufnahme afghanischer Staatsangehöriger weitgehend stoppen.
00:05:50: Seit Mai diesen Jahres sind die Wiesererteilungen trotz vorheriger Aufnahmezusage de facto ausgesetzt und die Bundesregierung argumentiert eben, dass diese Aufnahmezusage kein rechtlich verbindlicher Verwaltungsakt sei, sondern jederzeit zurückgenommen werden könne.
00:06:07: Das Verwaltungsgericht Berlin, das in diesem Verfahren erst instanzlich zuständig ist, hat darüber aber jetzt in mehreren Eilverfahren anders entschieden.
00:06:18: Wie nämlich?
00:06:19: Ja.
00:06:20: Das Gericht hat genau die gegenteilige Auffassung vertreten.
00:06:23: Also eine Aufnahmezusage kann sehr wohl einen einklagbaren Anspruch auf ein Visum begründen.
00:06:29: In Paragraph drei und zwanzig Absatz zwei des Aufenthaltsgesetzes heißt es nämlich unmissverständlich.
00:06:35: Ich zitiere, den betroffenen Ausländern ist entsprechend der Aufnahmezusage eine Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis zu erteilen.
00:06:44: Ja, jetzt haben die Richter aber gleichzeitig auch betont, dass die Bundesregierung grundsätzlich frei darüber entscheiden kann, ob und unter welchen Bedingungen das Aufnahmeverfahren fortgeführt oder beendet wird.
00:06:55: Sie kann auch neue Aufnahmezusagen verweigern, aber wurde einmal eine Zusage erteilt, muss diese auch grundsätzlich eingehalten werden.
00:07:04: Grundsätzlich.
00:07:05: Bei diesem Wort horchen Juristen ja immer besonders auf.
00:07:10: Grundsätzlich heißt es gibt also auch Ausnahmen.
00:07:13: Ganz genau, die Aufnahme zu sagen, sind mit einem Widerrufsvorbehalt versehen.
00:07:19: Der führt eben dazu, dass die Erteilung eines Visums von einer Sicherheitsüberprüfung abhängt.
00:07:24: Also scheitert im Einzelfall zum Beispiel diese Prüfung wegen Sicherheitsbedenken oder bei Zweifeln über die Identität der Person, darf das Visum durchaus verweigert werden trotz einer vorherigen Aufnahmezusage.
00:07:36: Und das erklärt auch, warum manche Afghanen weiter auf eine Entscheidung in ihrem individuellen Verfahren warten.
00:07:42: In der vergangenen Woche hat ja ein Flug mit afghanischen Geflüchteten in Hannover für Schlagzeilen gesungen.
00:07:49: Waren denn das alles Personen aus diesem Bundesaufnahmeprogramm?
00:07:52: Ja, genau.
00:07:53: In dem Flugzeug waren knapp fünfzig Afghanen, die zuvor alle durch ein verwaltungsgerichtliches Eilverfahren gelaufen sind und eben ihr individuelles Recht auf eine Visumserteilung durchgesetzt hatten.
00:08:05: Diese Personen hatten ihre Aufnahmezusage.
00:08:07: Die Sicherheitsüberprüfung war bereits abgeschlossen.
00:08:09: Aber das Visum wurde trotzdem nicht erteilt und erst auf richterlichen Druck hin, teilweise unter anderem eines Zwangsgeldes, kam Bewegung in den Prozess.
00:08:18: Wie viele Afghanen warten denn aktuell noch auf ihr Visum?
00:08:22: Nach Angaben der Bundesregierung sind das rund zwei tausend dreihundert Personen.
00:08:25: Die meisten davon halten sich aktuell in Pakistan auf.
00:08:29: Davon gehören wiederum tausend zweihundert zum Bundesaufnahmeprogramm, über das wir gerade gesprochen
00:08:34: haben.
00:08:34: Das ist aber dann ja nur die Hälfte.
00:08:37: Was ist denn mit den anderen?
00:08:39: Ja, neben dem Bundesaufnahmeprogramm gibt es eben noch das sogenannte Ortskräfteverfahren, von dem man sicherlich auch schon mal gehört hat.
00:08:45: Das ist nämlich ein Verfahren, das es bereits vor der Taliban-Machtübernahme gab und das regt jetzt sich an Menschen, die für deutsche Organisationen wie zum Beispiel der Bundeswehr oder das Auswärtige Amt gearbeitet haben.
00:08:57: Und hier basiert die Aufnahmezusage nicht auf der gesetzlichen Grundlage des §.
00:09:02: XXIII-Aufenthaltsgesetz, den ich vorhin zitiert habe, sondern auf einer anderen gesetzlichen Grundlage, nämlich auf §.
00:09:08: XXII desselben Gesetzes.
00:09:10: Und das ist ein entscheidender Unterschied, in dem §.
00:09:14: XXII steht, dass einem Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen ist, wenn das Bundesinnenministerium die Aufnahme zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland erklärt hat.
00:09:27: Und jetzt hat das OVG Berlin-Brandenburg in einem Beschluss vergangene Woche klargestellt, dass diese Prüfung einer derartigen Aufnahmebereitschaft, wie der Wortlaut, das der Norm bereits vermuten lässt, ja, dass das eben eine politische Entscheidung sei.
00:09:42: Und die müsse eben laufend überprüft werden können und dann auch je nach Lage revidiert werden können.
00:09:49: Und im Gegensatz zu einer Zusage aus dem Bundesaufnahmeprogramm, handele sich deshalb um keinen einklackbaren Verwaltungsakt, sondern nur um eine Maßnahme mit bloß innerbegehörtlichem Charakter.
00:10:00: Das heißt, hier haben wir dann Betroffene, die lebenswäldig gesprochen auch eine Aufnahmezusage haben.
00:10:08: Aber diese Aufnahmezusage kommt aus dem Ortskräfteverfahren.
00:10:13: Und juristisch haben die dann keine Chance auf ein Visum.
00:10:18: Zumindest ist der rechtliche Weg deutlich schwerer, eben aufgrund dieser Differenzierung, die das OVG Berlin-Brandenburg vorgenommen hat.
00:10:25: In bestimmten Einzelfällen ist es zumindest theoretisch denkbar, dass über humanitäre Härtefallregelungen doch eine Aufenthaltserlaubnis erwirkt wird.
00:10:33: Und es gibt natürlich auch noch theoretisch den obligatorischen Gang nach Karlsruhe.
00:10:38: Also die Betroffenen könnten sich zum Beispiel wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz in Artikel drei.
00:10:43: an Karlsruhe wenden, weil eben Afghanen, je nachdem in welchem der Aufnahmeprogramme sie gelandet sind, ja von der Bundesregierung unterschiedlich behandelt werden.
00:10:51: Aber es wird auf jeden Fall schwierig für diese Menschen.
00:10:55: Diese unterschiedlichen Behandlungen oder überhaupt auch der grundsätzliche Kurswechsel der Bundesregierung hat ja in der deutschen Öffentlichkeit doch für erhebliche Kritik gesorgt, denn es steht uns vor Augen, dass viele der Personen, um die es hier geht, sicher um deutsche Zusagen verlassen haben, die gemacht wurden, als Deutschland ein sehr starkes Interesse hatte an dem Versuch einer Stabilisierung der Verhältnisse in Afghanistan.
00:11:25: Sie waren dort für deutsche Institutionen tätig und einige von ihnen haben sich sogar aktiv gegen die Taliban gestellt, im Vertrauen darauf später.
00:11:36: dann im Notfallschutz von deutscher Seite zu erhalten.
00:11:40: Dass dieses Versprechen jetzt nicht eingelöst werden soll, stellt die Glaubwürdigkeit deutscher Außen- und Entwicklungspolitik mindestens ein Stück weit infrage.
00:11:49: Und die Bundesregierung muss sich durchaus die Frage gefallen lassen, wie verlässlich deutsche Zusagen eigentlich sind.
00:11:55: Ja, total.
00:11:56: Als ich persönlich die Allentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin jetzt zum Bundesaufnahmeprogramm gelesen habe, musste ich auch an einer anderen, nicht minder kontroverse Entscheidung des selben Gerichts denken, und zwar zur Praxis der Zurückweisung an den deutschen Außengrenzen.
00:12:11: Das sind ja auch Entscheidungen, die das Verwaltungsgericht Berlin gefällt hat und darin eben klargemacht hat, dass der migrationspolitische Kurswechsel der schwarz-roten Regierung eben rechtlichen Grenzen unterliegt.
00:12:24: und in beiden Fällen, also sowohl bei dem Aufnahmeprogramm für Afghanistan und bei den Zurückweisungen an den Grenzen, ja, da entsteht schon so ein bisschen der Eindruck, dass die schwarz-rote Bundesregierung eben Diese rechtlichen Grenzen ein Stück weit austestet.
00:12:38: und in beiden Fällen hat die Justiz eingegriffen, um eben Korrekturen vorzunehmen.
00:12:44: Allerdings, und das ist auch eine wichtige Einschränkung und Ergänzung, es handelt sich jeweils nur um Einzelfallentscheidungen im Allverfahren und deswegen muss man eben mit der Übertragbarkeit und auch mit der Endgültigkeit dieser Entscheidung sicherlich vorsichtig sein.
00:12:59: Ich finde aber dennoch ein gewisses Signal, senden die Entscheidungen alle mal.
00:13:03: Über diese frühen Entscheidungen aus Berlin hatten wir ja auch hier im Podcast berichtet.
00:13:09: Sogar gleich mehrfach haben da auch verschiedene Perspektiven, sowohl der Behörden als auch von Leuten, die da die Antragsteller in diesem Verfahren von auf anwaltlicher Seite unterstützen, haben wir hier zu Wort kommen lassen und tun das ja auch deswegen, weil wir sehen, Migration ist auch ein rechtliches, aber auch ein politisches Thema.
00:13:34: und ja, die Aufgabe von Medien wie der FAZ und auch eines Mediums wie unseres Podcastes ist, das dann dazu sortieren, Begriffe auch dabei zu helfen, bereitzustellen und zu sehen, es ist ständiges Abwägen nötig, ein Abwägen im politischen Sinne einerseits und dann das juristische Abwägen, mit dem wir uns natürlich hier hauptsächlich beschäftigen.
00:13:59: Ja, wie sich dieser Umgang mit Schutzsuchenden und die Aufnahmepolitik dann in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln werden.
00:14:06: Das wird aber sicher nicht nur die Zukunft dieser zwei Tausend dreihundert betroffenen Afghanen prägen, sondern auch die Glaubwürdigkeit und handlungsfähiger Deutschlands im internationalen Kontext.
00:14:18: Und wenn man einen Wunsch äußern darf, ja, will ich doch noch loswerden.
00:14:22: Ich finde, es bleibt zu hoffen, dass Politik, Verwaltung und Justiz diesen Balanceakt doch mit einer gewissen Sensibilität und Weitsicht gestalten und damit den Menschen, um die es hier geht, auch gerecht werden.
00:14:36: Im FAZ Einspruch Podcast soll es heute wieder einmal um ein Buch aus der Rechtsgeschichte, der Zeitgeschichte des Rechts gehen und zwar um die Biografie von Jutta Limbach.
00:14:51: der Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, die die Historikerin Gunilla Budde bei C.H.
00:14:58: Beck veröffentlicht hat.
00:15:00: Ein Buch, das in der FAZ von meinem Kollegen Stefan Klenner empfohlen wurde.
00:15:06: Und ich möchte nun über dieses Buch
00:15:08: sprechen
00:15:09: mit einem Leser,
00:15:10: dieses Buches mit einem ganz
00:15:12: besonderen Leser, der uns, wie ich hoffe, Einblicke geben kann, die man nicht dadurch bekommt.
00:15:19: dass man der Empfehlung von Stefan Klärner folgt und das Buch einfach von vorne bis hinten liest.
00:15:25: Mein Gesprächspartner heute ist Benjamin Limbach, der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen und der Sohn von Jutta Limbach.
00:15:36: Vielen Dank, Herr Limbach, dass wir uns hier im Ministerium in Ihrem Büro zum Gespräch treffen können.
00:15:44: Herr
00:15:45: Limbach, wenn man ein Buch liest, dann ist man hinterher immer froh, wenn man etwas gelernt hat, was man
00:15:51: noch nicht wusste.
00:15:53: Und deswegen fange ich einfach an mit der Frage, Sie haben das Buch von Gunilla Budde über Ihre Mutter gelesen.
00:16:00: Haben Sie aus dem etwas erfahren, was selbst Sie über Jutta Limbach
00:16:04: nicht wussten?
00:16:05: Ja, das hat mich selber erstaunt.
00:16:08: Ich kannte viele Geschichten über die Kindheit, das Aufwachsen in Ihrer Familie.
00:16:13: Nicht jede Anekdote habe ich gemerkt, kannte ich, aber für mich spannend war die Zeit Studium und es beginnt ihre juristischen Karriere, ihre Arbeit am Lehrstuhl von Professor Hirsch, wo ich merke, dass ich eigentlich nur die dürren Grundfakten kannte, aber nicht wirklich, wie sich das entwickelt hat.
00:16:33: Ihre Mutter hat eine akademische Laufbahn als Rechtswissenschaftlerin dann eingeschlagen.
00:16:40: Sie war Professorin für Zivilrecht an der Freien Universität Berlin.
00:16:47: Dann wurde sie... Die Politikerin als Justizszenatoren in Berlin und in den Jahr fourneinzig wurde sie dann zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts gewählt, zur Senatsvorsitzenden ebenfalls gewählt und folgte dann auf Roman Herzog als Gerichtspräsidentin.
00:17:04: Wie würden Sie denn das, was man in dem Buch über diese Studienzeit, Professor Hirsch haben Sie erwähnt?
00:17:11: Wie würden Sie denn sagen, sind da?
00:17:13: Grundladen gelegt worden, auf die sie dann später in ihrer zunächst einmal politischen Laufbahn und dann in der nichtwissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Recht auch zurückgreifen konnte.
00:17:26: Also ich glaube neben der Prägung durch ihre ja zutiefst sozialdemokratische Familie war mit Sicherheit auch die Zeit an der Universität sehr prägend.
00:17:35: Das war eine junge Universität, die Freie Universität.
00:17:38: Sie war eine Gegengründung zur kommunistisch dominierten Humboldt-Universität.
00:17:44: Und das hat sie, die ja damals mit Schwester und Mutter bei Nacht und Nebel sozusagen über die Sektorengrenzen nach Westbeeren geflohen war, glaube ich auch so empfunden, dass das ein hortfreier leerefreisten Lerns ist.
00:17:59: Und ich glaube, dass auch ihr akademischer Vater sie sehr geprägt hat, was die Frage der Exaktheit des Arbeitens angeht, aber auch
00:18:09: eben
00:18:10: über die Zusammenhänge des Juristischen hinein.
00:18:12: auch auf weitere Zusammenhänge zu gucken.
00:18:14: Und ich glaube, er war ja Immigrant und war wiedergekommen nach dem Krieg.
00:18:20: Und ich glaube, dass sie auch das sehr geprägt hat.
00:18:23: Wenn man von Biografien spricht, Biografien rezensiert, Biografien unter die Lupe nimmt, dann gibt es so einen Standard für Rezensionen, dass man sich fragt, ist der Biograph hier die Biografin möglicherweise der sogenannten biografischen Illusionen erlegen, wie das der Soziologe Pierre Baudieu genannt hat, dessen Fach naturgemäß individuellen gegenüber etwas skeptisch ist und der dann darauf hingewiesen hat, ja es gibt so die Gefahr, dass man eine Linie durchlegt, die sich erst im Nachhinein dann wirklich als Zusammenhang zeigt und vielleicht möglicherweise auch in einem gewissen fiktiven Moment dann hat.
00:19:08: Jetzt verteilt sich ja das öffentliche Leben ihrer Mutter auf Russe Kapitel, die nun mit einem ganz ausdrücklichen Rollenwechsel verbunden war und von der Wissenschaft in die Politik und dann eben zum Gericht.
00:19:25: Über den Buch steht nun drüber und das ist natürlich auch sehr angemessen ein Leben für die Gerechtigkeit.
00:19:34: Wie würden Sie da das Verhältnis sozusagen zwischen den kontinuierlichen Momenten und dann aber doch auch Momenten von Umstellung, von Neuanfang, von einem ganz anderen Rollenverständnis im jeweils neuen Amt und so weiter Gewichten?
00:19:51: erfährt man auch darüber etwas aus diesem Buch.
00:19:54: Ja, ich glaube, man merkt, dass das keine Stringente auf das endgültige Ziel angelegte Karriere meiner Mutter war.
00:20:02: Natürlich hat sie Juraprofessoren auch davon geträumt, mal ans Verfassungsgericht zu kommen und dort gestalten zu können.
00:20:10: Aber schon der Schritt in die Politik war ja auch von ein paar Zufällen geprägt.
00:20:16: Eine überraschende Mehrheit für Ruth
00:20:18: Grün,
00:20:19: die Regierungsbildung von Walter Momba, der sich anders als im Wahlkampf entschied, nicht das Schattenkabinett zum Zug kommen zu lassen, sondern den Senat, nachdem die grünen Alternative Liste nur Frauen aufgestellt hatte, dafür zu sorgen, dass es eine Frauenmehrheit gibt.
00:20:33: Deswegen nicht der eigentlich vorgesehenen, im Wahlkampf vorgesehenen Justizsenator ins B zum Zug kommen, sondern sie hat ja auch lange bezögert.
00:20:41: Das ist im Buch ja auch sehr beschrieben und verändere mich daran auch noch sehr gut.
00:20:45: Und vielleicht gibt es ein klein bisschen mehr Kontinuität, dass man natürlich als eine profilierte Justiz in der Torin auch in die Aufmerksamkeit der eigenen Partei kommt, wenn es um die Frage des Verfassungsgerichtes geht, um die Besetzung des Verfassungsgerichtes, aber auch da war es ja so, dass man eigentlich jemand ganz anderen im Auge zunächst hatte.
00:21:05: Und als der dann sagte, also zu Gunsten der Frauen verzichte ich, dann die ausersehene Kandidatin nicht den Rückhalt der CDU CSU bekam, also auch da von ja, Überraschungen, Wendungen auch geprägt, sodass man also wirklich auch in der Rückschau nicht sagen kann, das zielte immer auf diese Position hin.
00:21:27: Und so, wie ich meine, unterlebt habe, hat sie das auch immer so verstanden.
00:21:31: Manchmal muss man auch zur rechten Zeit am rechten Ort sein und vor allem auf, wie damals, als sie dem Werben von Walter Moppa nachgegeben hat, den Mut haben, so einen Schritt, einen überraschenden vielleicht für sie, Schritt zu tun von der Theorie in eine ganz andere Form von Praxis, wenn man sich anguckt, was auch ein Buch beschrieben ist, was für Herausforderungen mit RR-Fungerstreik etc.
00:21:54: da gerade anstanden, als die Justizsenatoren wurde, das hat ja nichts mit ihrer Tätigkeit an der Universität zu tun.
00:22:01: Ja, es ist interessant, dass Sie sagen, dass Sie das schon mal mitbekommen hatten, schon in der Zeit eben der Universitätstätigkeit, dass der Gedanke im Verfassungsgericht, wo ja immer wieder auch Rechtsprofessoren berufen wurden und berufen werden, da mitzuwirken, dass das auch etwas Reizvolles hatte und dass das dann Ihre Mutter zumindest im Familienkreis, so verstehe ich jetzt gelegentlich mal durchblicken, wie ich sie da vorlesen würde.
00:22:29: Nein, er ist nachher.
00:22:32: dass das immer für eine schöne Möglichkeit gehalten
00:22:35: hätte.
00:22:35: Ach, das ist ja noch interessant.
00:22:37: Da gab es sozusagen einen Gedanken bei ihr selbst, der es dann eben nicht als Illusion
00:22:42: herausgestellt
00:22:42: hat.
00:22:43: Jetzt ist es ja auch so, dass hier eine Fachhistorikerin, eine Zeithistorikerin, die jetzt vorher nicht unbedingt eine Rechtsspezialistin war, dass die jetzt diese Biografie noch nicht allzu lange nach dem Tod ihrer Mutter befasst hat.
00:22:59: Das ist ja auch etwas Ungewöhnliches.
00:23:01: Es zeigt natürlich zunächst mal, hier war ein reizvoller Stoff für die Autorin.
00:23:05: Aber es soll ja so gewesen sein, dass die Initiative sogar von ihrer Mutter ausging und sie nach einer Begegnung an der Universität Oldenburg spontan Frau Budde fragte, könnten Sie sich das vorstellen?
00:23:17: Wäre das nicht eine Idee?
00:23:18: Also da scheint sie ja auch offenbar so ein bisschen so etwas Direktes, Zupackendes im Sondieren von solchen Möglichkeiten gehabt zu haben.
00:23:26: Ja, ich glaube in dieser Situation, wo Sie darauf angesprochen haben, waren, waren, schreiben Sie Ihre Autobiografie?
00:23:32: Und Frau Budde dabei war, war das, glaube ich, eine spontane Eingebüchslange.
00:23:35: Die schreibt dann Frau Budde, weil sie sie kennengelernt hatte, was ich sehr gut verstehen konnte, dass meine Mutter gesagt hat, ich schreibe
00:23:41: keine Autobiografie,
00:23:43: dass man nicht ehrlich zu sich selbst ist.
00:23:45: Das war so ihre Sorge und dass man alles unter einer anderen Brille sieht und nicht die notwendige Distanz zum Objekt hat.
00:23:53: Und deswegen war es ihr wichtig, so wie es ihr wichtig war, eine kleine Biografie über ihre Urgroßmutter zu schreiben.
00:23:59: zum Schluss.
00:24:00: So wichtig war es ja aber auch nicht selber für ihr Nachum zu sorgen, sondern so etwas wendern in fremden Händen zu lassen.
00:24:08: Ja,
00:24:09: ja.
00:24:10: Und jetzt kann man ja auch sagen, sie hatte dann aber schon sozusagen für den Fall, dass man sich auch interessieren sollte über das, was sie gemacht hat und vielleicht ein bisschen auch, wie sie ihr eigenes Wirken selbst wahrgenommen hat.
00:24:25: hat sie ja auch schriftlich sozusagen etwas hinterlegt, indem sie Tagebuch geschrieben hat.
00:24:30: Wie würden Sie denn sozusagen Ihre Mutter als Autorin dieses Tagebuches beschreiben?
00:24:37: Welchen Ton tritt sie Ihnen da entgegen?
00:24:41: Jetzt muss ich ganz ehrlich bekennen, dass ich die Tagebücher nicht gelegen habe.
00:24:45: Ich habe mal reingeblättert.
00:24:46: Es ist die Zeit während der Senatorenzeit.
00:24:49: Ich glaube, dass sie in Ernoch hatte, dass dieses Leben so schnelllebig ist.
00:24:53: dass man manchen Gedanken mal festhalten muss.
00:24:56: Es sind häufig auch Kalendereinträge drin, die sie reingeklebt hat, mal kleine Zeitungsnotizen, die sie reingeklebt hat.
00:25:04: Ich glaube, dass sie das für sich selbst gemacht hat, um sich zu erinnern, wann habe ich eigentlich mal was gemacht, was habe ich erlebt und manchen Gedanken, der schnell ja flüchtig sein kann, festzuhalten.
00:25:15: Ich kann
00:25:16: Ihnen nicht sagen,
00:25:16: mit welcher Absicht sie es geschrieben hat.
00:25:18: weil sie mit mir jedenfalls nicht über dieses Tagebuch geschrieben hat und ich es auch erst, glaube ich, in ihrem Nachweis überhaupt
00:25:26: gesehen habe.
00:25:27: Aber mir war
00:25:28: es wichtig, mein
00:25:29: Vater hat das ja entschieden und das
00:25:32: fand ich auch genau
00:25:32: richtig, dass er entscheidet, ist das in ihrem Interesse oder nicht, dieses Tagebuch rauszugeben und ich finde es sehr gut, dass er das gemacht hat.
00:25:41: Weil das merkt man ja, wenn man die Biografie liest, das ist für manche Motive im Handeln meiner Mutter da wirklich gute Quellen
00:25:49: gab.
00:25:51: In einer Fachrezension des Buches ist angemerkt worden, manche Leser wären vielleicht etwas überrascht, dass das Kapitel über die Jahre als Justizsinnatorin in Berlin umfangreicher ist als das Kapitel der Abschnitt dann über die acht Jahre im Bundesverfassungsgericht.
00:26:11: Für Sie wird aber sicherlich ja auch nun dieses Kapitel über die Justizsinatorenzeit besonders interessant gewesen sein, weil das nun eine Tätigkeit ist, die Sie in einem anderen Bundesland derzeit jetzt selbst ausüben.
00:26:24: Wenn das jetzt nicht zu indiskret gefragt ist,
00:26:28: haben
00:26:30: Sie das dann gelesen und das eine oder andere durch den Kopf gegangen?
00:26:33: Ja, das ist ja ganz ähnlich oder so, hat Sie das gelöst?
00:26:36: Ja, also ich gebe zu, dass ich auch dieses Kapitel mit der größten Spannung gelesen habe, weil ich in dieser Zeit am Anfang Soldat war.
00:26:44: und dann in Bonn studiert habe, ist also aus großer Entfernung miterlebt habe.
00:26:49: Und gerade in den zwei Jahren als Soldat so viel unterwegs war, dass ich vieles auch nicht mitbekommen habe, nur am Rand.
00:26:55: Mein Bruder, der in Berlin lebte, zu dem Zeitpunkt hat es viel intensiver leben.
00:26:59: Deswegen war das für mich nochmal sehr aufschlussreich.
00:27:02: Aber ich gebe zu, ich habe an manchen Stellen schmunzeln müssen und es gibt hier ein oder andere Stelle, die ich meiner Frau laut vorgelesen habe und gesagt habe, guck mal, ist ja genauso wie bei mir.
00:27:11: Und wenn ich manchmal meinem Vater
00:27:14: erzähle,
00:27:16: was ich so erlebe, was über mich geschrieben wird oder sonst wie und wir diskutieren darüber, dann sagt er immer ja, tut mir leid, bin ich gerade ein bisschen vielleicht negativ in der Presse.
00:27:25: und dann sagt mein Vater immer,
00:27:26: habe
00:27:26: ich alles schon erlebt, erlebe ich jetzt
00:27:28: zum zweit
00:27:29: mal, habe ich alles auch mit deiner Mutter erlebt.
00:27:31: und so unterschiedlich die Zeiten sind, neun, achtzig bis bis vierneunzig, jetzt die zwanziger Jahre und auch die so unterschiedliche Bundesländer sind, aber manches lässt einen schmunzeln.
00:27:43: Und manches würde ich auch gebe ich ehrlich zu, auch gerne mal mit meiner Mutter erörtern, wo wir vergleichen könnten, was wir erlebt haben, uns austauschen könnten.
00:27:54: Jetzt sind Sie ein Justizminister, Sohn einer Verfassungsgerichtspräsidentin und eines Juristen, der im Bundesinnenministerium seine Laufbahnen verbracht hat.
00:28:05: Also Sie sind sozusagen zu hundert Prozent ein Juristenkind.
00:28:09: Waren Ihre Eltern begeistert davon?
00:28:12: dass sie auch Jurist wurden, wurde darüber auch gesprochen.
00:28:18: Ja, also ich habe nie erlebt, dass man mich in diese Richtung gedrängt hat.
00:28:23: Und ich wollte erst in eine andere Richtung gehen, eigentlich auch bis zum Abitur und habe mich nach dem Abitur umentschieden und habe gesagt, bis der ich studiere, doch Jura und Gerber vorher noch zur Bundeswehr.
00:28:36: Und da habe ich auch gedacht, dass meine Mutter sagen würde, wie schön der nächste Jurist.
00:28:40: Und dann hat sie gesagt,
00:28:41: also du kannst dich nicht ständig umentscheiden.
00:28:43: Du musst eine Sache
00:28:44: auch mal durchziehen.
00:28:45: Im Nachhinein war das gut, glaube ich,
00:28:48: weil ich es mir
00:28:49: wirklich sorgfältig selber überlegen musste, will ich das machen oder mache ich das nur, weil es eine beginnende Familientradition ist.
00:28:57: Väterlicherseits war ich ja schon die dritte Generation, die ins Jurastudium ging.
00:29:02: Deswegen, ich habe das nie erlebt, da reingedrängt zu werden.
00:29:06: Und meine Eltern haben auch deutlich gemacht, also wenn du dich für dieses Studium entscheidest, dann musst du da auch wirklich hart arbeiten.
00:29:13: Und da wird dir nichts geschenkt werden.
00:29:16: Ich glaube, deswegen bin ich da, glaube ich, nicht mit dem Gedanken
00:29:18: reingegangen, ach, das wird schon,
00:29:21: sondern hab schon begriffen, da hilft einem die Verwandtschaft gar nichts, das muss man selbst bestehen.
00:29:27: Ihre Mutter war in Karlsruhe die Vorsitzende des zweiten Synathes.
00:29:32: Das ist ja manchmal, hat man den Eindruck gespielender auf Zufälle mit, wenn Richterstellen besetzt werden, welche Stelle es ist, wird gerade frei.
00:29:43: welche Partei nimmt das sogenannte Vorschlagsrecht in Anspruch?
00:29:48: in den Jahren, in denen ihre Mutter dann Gerichtspräsidentin war, hat sie auch manchmal gerade stehen müssen und dann
00:29:56: sich
00:29:56: durchaus mit Erfolg bemüht.
00:29:58: bestimmte Entscheidungen zu erklären, die sehr kontrovers aufgenommen wurden.
00:30:04: Es waren zum Teil aber gar nicht Entscheidungen ihres Senats, also zwei der am umstrittensten vielleicht, dass Soldaten sind Mörder und das Kruzifix.
00:30:14: Urteil jeweils des ersten Senats.
00:30:17: Jetzt Sie als Fachmann und Rechtspolitiker würden Sie sagen, im zweiten Senat war Ihre Mutter eigentlich perfekt.
00:30:26: aufgehoben oder hätte sie auch im ersten Senat vielleicht auch noch besondere Fähigkeiten eingringen können.
00:30:32: Also wenn man sich anguckt, dass der erste Senat für viele Bereiche auch zuständig sind, für die meine Mutter auch als Profession gestandert.
00:30:40: hätte ich mir genauso gut vorstellen können, dass die Richterin des ersten Senats geworden wäre und vielleicht im Familienrecht oder in anderen Sachen gerne wegweisende Entscheidungen getroffen hätte.
00:30:51: Aber mit dieser zusätzlichen Erfahrung als Justizsenatoren im Wandel, im
00:30:56: Umbruch,
00:30:57: in der Wiedervereinigung, in dem Zusammenführen zweier Stadthilften auf Seiten der Justiz, glaube ich, war das schon eine gute Erfahrung, die sie auch sehr geeignet für den zweiten Senat gemacht hat.
00:31:07: Ich glaube, dass es im Endeffekt egal gewesen wäre.
00:31:11: Ich glaube, die Tätigkeit hat hier in beiden Sennarten viel Spaß
00:31:13: gemacht.
00:31:15: Das Beratungsgeheimnis wird Ihre Mutter natürlich auch Ihnen gegenüber immer eingehalten
00:31:19: haben.
00:31:20: Oh ja.
00:31:21: Und unsere Neugierige haben Sie dann auch natürlich jetzt noch die Kapitel über die Karlsruher Zeit gelesen.
00:31:28: Ja, was würden Sie sagen?
00:31:31: Was hat da Frau Budde mit den Möglichkeiten der derzeitigen Quellenlage, mit den Gesprächen, die sie führen konnte?
00:31:38: Was kann sie da den Lesern vorführen an Fähigkeiten, die ihre Mutter dann auch hinter den Kulissen bei den Beratungen einbringen
00:31:46: konnte?
00:31:47: Ja, das finde ich auch sehr interessant, weil sie eben nicht nur über die Außendarstellung des Gerichts, sprich über die Repräsentanz durch die Präsidentin, die Öffnung zu einem Bürgergericht noch viel mehr, sondern sie hat er auch Leute befragt.
00:32:01: und ich glaube, was gut rauskommt ist, dass meine Mutter mit einem ganz großen
00:32:06: Respekt
00:32:07: vor den sieben anderen Kolleginnen und Kollegen dorthin
00:32:09: gegangen ist, immer in
00:32:11: der Überzeugung... Möglicherweise haben die auch recht mit ihren Argumenten.
00:32:15: Und ich glaube, dass das gerade für eine Senatsvorsitzende auch sehr wichtig ist, eine moderierende Tätigkeit
00:32:22: einzunehmen.
00:32:23: Und ich fand das sehr interessant, was Frau Budde beschrieben hat, dass sie so beschrieben wurde, dass sie erst alle anderen hat diskutieren lassen
00:32:29: und dann
00:32:30: ihre eigene Meinung gesagt hat.
00:32:32: Und das finde ich sehr interessant, weil natürlich Vorsitzende von Spruchkörpern die dann vielleicht auch schon Jahre drin sind, da zu neigen, anderen Richtern zu erklären, wie das läuft und wie das zu entscheiden ist.
00:32:46: Und ich finde, sie hat das ideal typischerweise gemacht, das laufen lassen, die anderen
00:32:51: reden
00:32:52: und dann zum Schluss selber die eigenen Argumente zu bringen.
00:32:55: Und ich glaube, das hat sie wirklich geliebt und das kommt im Buch auch sehr gut raus, diesen Diskurs.
00:33:00: diesen wirklich wissenschaftlich hoch juristischen Diskurs.
00:33:04: Und das ist sozusagen wieder eine Parallel auch zur Zeit als Wissenschaftlerin an der Universität.
00:33:09: Die Argumente müssen überzeugen und nicht der Rang oder die Schulterklappe.
00:33:14: Und ich glaube, das hat ihr eine ganz große Freude gemacht, damit sie das immer juristische Eckhats genannt, mit denen zusammenzusitzen und Lösungen zu suchen.
00:33:24: Ja.
00:33:24: Die Biografin prägt sogar einen Begriff, um... die Art der Amtsführung auch im alltäglichen Sinne zu erfassen
00:33:34: und spricht
00:33:35: von einem Limbachstil.
00:33:38: Das finde ich ja schon ziemlich ungewöhnlich.
00:33:42: dass man dann bei der Beschäftigung hier mit einer solchen Person aus der Nähe, die sich dann für eine Biografin ergibt mit all den Dokumenten, auch persönlicher Art, die sie studieren konnte, dass sie dann sagt, ja, da finde ich dann in dem Verhalten, so ist das ja gemeint, als tägliche Situation auch mal zu nutzen, ein Stil.
00:34:03: Haben Sie den wiedererkannt, kannten Sie den schon?
00:34:06: Ja, es ist immer eine andere Brille, die man als Sohn hat.
00:34:10: Ich habe meine Mutter selten in so repräsentativen Momenten erlebt, wo man nach außen tritt.
00:34:17: Weil ich zugebe, dass ich als uralstudent
00:34:19: eher gedacht
00:34:19: habe, du musst dich da ein bisschen fernvonhalten, es darf nicht
00:34:22: wirken,
00:34:23: als wenn du in der Sonne deiner Mutter läufst.
00:34:26: Ich glaube, ich bin nur zweimal oder dreimal in Karlsruhe überhaupt in der Zeit gewesen.
00:34:30: Und als Sitzentoren habe ich es mir auch selten erlebt, so dass es für mich mehr interessant ist, weil es... anderer Blick ist, den anderen auf sie haben.
00:34:38: Also ich sage immer, ich kenne ja meine Mutter auch vom Frühstückstisch und nicht aus der Senatsberatung oder vom Bürgerfest des Gerichtes her.
00:34:48: Aber so wie Frau Budde den Stil beschrieben hat, habe ich sie wiedergefunden, weil sie ihn ja auf mehrere Elemente macht, die Art zu führen, mit Leuten zu reden, keinen Unterschied zu machen zwischen dem Wachtmeister des Gerichts und dem Vizepräsidenten im Behandeln, dann der Kleidungsstil, den sie hervorbringt.
00:35:06: Das ist wirklich
00:35:06: eher ungewöhnlich bei solch
00:35:08: einer Biografie.
00:35:09: Er hätte meiner Mutter aber, glaube ich, gefallen und auch die Art, wie sie ihre Reden gehalten und vorbereitet
00:35:16: hat.
00:35:17: Insofern würde ich schon sagen, es gibt einen Stil, an dem ich meine Mutter immer wieder erkennen würde und den sie, der wirklich ein sehr eigener Stil ist.
00:35:27: Vorher hat den niemand so genannt, wie die Biografin,
00:35:29: aber
00:35:30: ich habe davon sehr vieles wieder
00:35:33: erkannt.
00:35:34: Und da ist ja dann bei der Biografin
00:35:36: auch so ein
00:35:38: geschlechtergeschichtliches Interesse eigentlich dahinter, also die Vermutung, dass eben doch auch eine gewisse Genauigkeit vorbereitet zu sein, auch sozusagen eine Mikropolitik auch von Gesten und so weiter zu betreiben, dass das aus der Rolle einer Frau, die sehr häufig ja die erste Frau im jeweiligen Amt war oder eben dann in einer Minderheit in ihrem professionellen
00:36:01: Umfeld,
00:36:03: dass da sozusagen auch so ein Moment, so einer feministischen List drinsteckte?
00:36:09: Ja, also mein Mutter hat ja, es kommt ja auch im Berufsformal, behauptet sie da eigentlich spät
00:36:13: berufende Feministin,
00:36:14: was ich auch nicht gelten lassen würde.
00:36:17: Weil wenn man, was ja auch zitiert wird, die Artikel in ihrer Schülerzeitung liest, würde ich sagen, war sie in der Oberstufe schon eine klare Feministin, wie sie darüber redet, wie Jungs sich verhalten bei gemeinsamen Besprechungen und wie sie als Mädchen von der Mädchenschule sich verhalten.
00:36:32: Ich glaube, dass meine Mutter wie viele in der Generation immer den Ahnung hatte, du musst besonders kontrolliert, besonders exakt sein.
00:36:41: Du musst besser sein als die anderen.
00:36:44: Und du stehst eben nicht nur für dich selber, sondern du stehst auch für andere
00:36:49: Frauen.
00:36:49: Aber
00:36:50: das würde ich mal so im Erleben meiner
00:36:52: Mutter sagen.
00:36:53: Sie wusste immer, gerade wenn sie eine der Ersten war oder eine der wenigen, das was ich hier
00:36:59: mache prägt
00:37:00: das Bild von
00:37:01: Frauen in solchen
00:37:02: Positionen.
00:37:03: Also muss ich mir da wirklich gefälligst gut Gedanken machen, wie ich auftrete, wie ich etwas
00:37:08: mache.
00:37:09: Ja, wenn ihre Mutter in Amerika auf Supreme Court Richterin gewesen wäre, dann hätte es vielleicht sogar kleine Puppen gegeben.
00:37:19: Es gibt da ja so einen Rauch, dass amerikanische Prominente dann so verewigt werden, als solche Plastikfiguren, deren Kopf man anstüpfen kann und dann setzt sie sich wieder wieder in Bewegung und dann bekommt man so eine Ahnung nochmal bei den Richtern zumindest, die diese Behandlungen unterzogen werden, diese beweglichen Intelligenz.
00:37:39: Jetzt haben wir hier eine Biografie einer Gerichtspräsidentin, die auch bei CHBEC jetzt nicht im Fachbuchprogramm erschienen ist und sich schon auch an die allgemeine Leserschaft wendet.
00:37:51: Wie sehen Sie denn sozusagen die öffentliche Rolle des Bundesverfassungsgerichts dieses Moment auch eines vielleicht durchaus persönlichen Interesses an den Richtern und das, was in Ihre Tätigkeit angeht?
00:38:04: sozusagen für das Verfassungsbewusstsein und den Verfassungspatriotismus in unserem Land.
00:38:10: Ja, ich
00:38:10: glaube, dass dieses Gericht bei vielen Menschen eine sehr wichtige Funktion hat.
00:38:15: Dieser Satz,
00:38:16: und dann
00:38:17: gehe ich nach Karlsruhe, den versteht ja niemand danach, dass er zum Bürgermeister oder zum Bundesgerichtshof geht, sondern zum Bundesverfassungsgericht.
00:38:24: Dieses Gefühl, es gibt eine letzte... neutrale, gerechte Institutionen, der ich mich als Bürger anvertrauen kann.
00:38:33: Ich glaube, das, was meiner Mutter auch sehr wichtig war, weswegen sie auch dieses gerade in Zeiten der Kritik ganz gewusst das Gericht geöffnet hat, so ein Bürgerfest auch veranstaltet hat, um deutlich zu machen, das schwebt nicht über euch, das ist euer Gericht, das ist ein Bürgergericht, das ist für euch da.
00:38:49: Ich glaube, da hat das Bundesverfassungsgericht und ich fand die Entscheidung auch nachher wirklich sehr gut und richtig, wenn ich sogar genial ist nach Karlsruhe zu tun, nicht nach Bonn, nicht nach Berlin zu holen, dass das wirklich eine wichtige Funktion hat.
00:39:04: Das sitzt woanders im Südwesten des Landes,
00:39:08: mit einem
00:39:08: Abstand zum
00:39:09: schnelllebigen politischen Bezirk.
00:39:11: Und wir haben dort Richter, denen wir vertrauen.
00:39:13: Und ich finde gerade, wenn man die sechzehn Richter sieht,
00:39:17: in ihren
00:39:17: roten Roben, die ja noch auffälliger sind.
00:39:19: Ich habe ja als Verwaltungsrichter mal drei Jahre
00:39:21: eine blaue
00:39:22: Robe getragen.
00:39:22: Das ist schon was Besonderes, weil das wenige Tragen blau.
00:39:26: Wir kennen das Rot, der Obergerichte bei uns, aber dieses Rot und mit dem Bäftchen dazu, mit dem Berät dazu eine ganz besondere Kleidung, die deutlich macht.
00:39:37: Hinter das Amt tritt die Person zurück.
00:39:41: Und hier wird auf Neutralität wertgelegt.
00:39:44: und ein ja sehr großes Kollegen von acht Leuten, wo natürlich acht unterschiedliche Meinungen sind, die sich aber im besten Falle zu einem einstimmigen Urteil oder Beschluss zusammenfinden.
00:39:54: Die Rechte des Bundesverfassungsgerichts werden zur Hälfte vom Bundestag und zur Hälfte vom Bundesrat gewählt.
00:40:01: Spätestens wenn eine Richterstelle zu besetzen ist, für die der Bundesrat zuständig ist, wird natürlich auch die nordrhein-westfälische Landesregierung, werden auch Sie mit dieser Frage betraut sein.
00:40:15: Also einem Buch wie dieser Biografie von Gunilla Budde.
00:40:19: über ihre Mutter erfährt man auch nun einiges darüber, was so hinter den Kulissen passiert.
00:40:26: Und in gewissen Sinne ja auf beiden Seiten, man erfährt eben auch etwas darüber über die Gedanken.
00:40:31: Sie haben es eben angedeutet, die sich auch ihre Mutter gemacht hat, als sie da an dieser Schwelle stand, wo das möglich war, dass ihr diese Kandidatur angetragen würde.
00:40:43: Meine letzte Frage wäre, wenn Sie sich wünschen könnten, über welchen anderen Richter des Bundesverfassungsgerichts sollte ein Historiker oder Rechtshistoriker mal eine Biografie.
00:40:55: in Angriff nehmen.
00:40:56: Natürlich nicht nur, um heutige Minister sozusagen zu informieren, sondern einfach auch um die Neugier, die mit diesem Abend verbunden ist, ein bisschen weiter zu befriedigen.
00:41:05: Welcher Name würde Ihnen vielleicht einfallen?
00:41:07: Also
00:41:08: ich möchte jetzt, um mich dort nicht niemanden anzulegen, denn nicht über die aktuellen und vielleicht die aus den letzten Jahren sprechen, sonst begegnet man sich möglicherweise, sondern fragt man, warum hast du nicht
00:41:18: mich genannt?
00:41:19: Ich finde, wenn man in die Store zurückguckt, in einem Gericht, wenn ich mich richtig erinnere, hat
00:41:25: einer
00:41:27: der Mitverschwörer von zwanzigsten Juli gesessen, Fabian von Stavendorf.
00:41:31: Ich finde das spannend, dass ausgleichen aus diesem Kreis einer auch im Verfassungsgericht gesessen
00:41:36: hat.
00:41:37: Das würde mich interessieren, welche Erfahrungen hat er reingebracht, welche Blickweisen hat er reingebracht.
00:41:42: Ich fand auch... wenn da
00:41:44: immer spannend
00:41:45: vorher Innenminister auch, also auch diesen Wechsel von Politik und Innenminister sind immer Polizeiminister auch in einem Verfassungsgericht, das finde ich auch
00:41:55: spannend.
00:41:56: Also ich glaube, da gibt es gerade auch unter den älteren Kollegen, manche, den früheren Kollegen, die leider etwas in Vergessenheit geraten sind und die man nochmal mit einer guten Biografie den Leuten zeigen könnte, mit welchen
00:42:11: Biografien gerade bei den ersten Richtern, die ja alle
00:42:14: eine Zeit in der Weimarer Republik und in der Nazi-Zeit gehabt haben müssen, das stelle ich mir sehr spannend vor, danach dann in diesem Gericht zu arbeiten, auf der Grundlage dieser wirklich fantastischen Verfassung, die aber noch ganz jung war.
00:42:28: Also ich finde gerade diese erste Generation, die müsste man nochmal beleuchten.
00:42:33: Ja, vielen Dank.
00:42:34: Das sind wunderbare Hinweise.
00:42:35: Wenn die jetzt aufgenommen werden, werden natürlich einige Jahre ins Land gehen, bis wir dann die Schlagung drauf und Bänderbiografie haben.
00:42:43: Aber wenn die dann vorliegen werden, dann werden wir auf jeden Fall darauf zurückkommen und dann werden wir vielleicht über das nächste Buch sprechen.
00:42:52: Andernfalls werden wir sicher auch aus Ihrer Arbeit als Justizminister bei nächster Gelegenheit wieder mal ein Thema finden, über das wir im Podcast sprechen können.
00:43:02: Sie haben heute jedenfalls, glaube ich, viele zusätzliche Leserinnen und Leser noch für das Buch von Gunilla Bode über Jutta Limbach gewinnen können.
00:43:13: Vielen Dank, Herr Minister, für das Gespräch.
00:43:15: Sehr gerne.
00:43:21: In den Sommermonaten, da ist ja traditionell immer eher weniger los, über das wir Journalisten berichten können.
00:43:26: Politiker sind im Urlaub, in den Parlamenten herrscht gespenstige Stille.
00:43:30: Wir Rechtsjournalisten haben da den Vorteil, dass die Mühlen der Justiz unermüdlich weitermahlen und die Gerichte uns auch in den eher ereignisamen Sommermonaten mit interessanten Prozessen versorgen.
00:43:41: Ein Prozess, dem diesen Sommer besonders viel mediale Aufmerksamkeit geschenkt wurde, ist der Strafprozess gegen Christina Block vor dem Landgericht Hamburg.
00:43:49: Der Vorwurf, sie soll die Entführung ihrer eigenen Kinder organisiert haben.
00:43:54: Meine Kollegin Kim Maurus hat die Verhandlung über Wochen begleitet und in unserer Zeitung darüber berichtet.
00:44:00: Da gerade eine rund drei-wöchige Verhandlungspause ansteht, ist das ein guter Zeitpunkt, um hier im Podcast mal Bilanz zu ziehen.
00:44:07: Schön, dass du da bist, Kim.
00:44:08: Hallo, ich freue mich sehr.
00:44:10: Ja, Kim, der Fall klingt ja ziemlich filmreif.
00:44:12: Es geht nicht nur um eine Kindesentführung, sondern auch um eine bekannte Hamburger Unternehmerfamilie, um ehemalige israelische Spione und ein Fernsehmoderator spielt auch noch eine Rolle.
00:44:22: Lass uns das Verfahren vielleicht mal der Reihe nach aufdröseln und mit der Hauptangeklagten beginnen.
00:44:27: Wer ist eigentlich Christina Block?
00:44:30: Genau, wer ist eigentlich Cezina Block?
00:44:32: Ich glaube, wenn man nicht direkt in Hamburg ist oder die Clutchpresse nicht ganz detailliert verfolgt, dann bis vor diesem Prozess war das überhaupt nicht ungewöhnlich, diese Frauen nicht zu kennen.
00:44:42: Man kennt vielleicht ihren Vater bzw.
00:44:44: das Unternehmen oder das Imperium, ihres Vaters Eugen Block.
00:44:49: Der hat nämlich die Steakhouse-Kette Block, die man in jeder Großstadt, in jeder Einkaufszone eigentlich, das kennt man vom Seen dieses Restaurant.
00:44:59: mehr Firmen dran an diesem Imperium.
00:45:03: In Hamburg ist diese Familie, wie du es auch schon gesagt hast, sehr bekannt.
00:45:07: Gehört zu den Schickenkreisen und auch deswegen, weil das eben so ein kleiner Promi in der Stadt ist, so kann man es formulieren, zumindest sorgt der Prozess vor allem dort für sehr viel Aufsehen.
00:45:21: Kann ich bestätigen, ich habe ein paar Jahre in Hamburg gewohnt und da kennt man den Namen Block.
00:45:25: Natürlich überall sind die Block House.
00:45:28: Wir wollen jetzt aber nicht über Steak sprechen und über das Unternehmensimperium der Familie Block, sondern über die Kindesentführung.
00:45:34: Und die soll ja in der Silvesternacht, zwanzig, drein, zwanzig, zwanzig, vier, zwanzig stattgefunden haben.
00:45:39: Was genau soll sich da abgespielt haben?
00:45:41: Genau.
00:45:42: Da soll laut Staatsanwaltschaft aber auch ein Angeklagter in dem Prozess hat das mehr oder weniger auch sehr detailliert bestätigt.
00:45:50: da sollen diese Kinder gewaltsam entführt worden sein.
00:45:54: Man muss da so ein bisschen ausholen, weil die Kinder lebten, also Frau Plock lebt in Hamburg und ihr Ex-Mann, mit dem sie diese beiden gemeinsamen Kinder hat.
00:46:01: Insgesamt haben sie vier gemeinsame Kinder, aber bei der Entführung geht es um zwei.
00:46:06: Ihr Ex-Mann lebt zu diesem Zeitpunkt in Dänemark und diese zwei Kinder sind bei ihm an dieser Silvesternacht.
00:46:13: Beziehungsweise schon länger leben diese Kinder bei ihm, aber auch das ist Teil eines Sorgerechts-Schreits.
00:46:19: Man kann es vielleicht so formulieren, in dieser Silvester Nacht dann vollständig eskaliert ist.
00:46:26: Standen mit dem Vater wohl am Ufer, haben das Feuerwerk beobachtet.
00:46:31: Und dann sollen mehrere vermummte Männer den Vater angegriffen haben, zu Boden gerissen haben, ihm Schläge gegeben haben und diese Kinder in wohl zwei Autos mitgenommen haben.
00:46:41: Die Kinder sollen dann über die Grenze gebracht worden, indem sie nicht mehr im Auto, sondern durch ein Waldstück laufen mussten mit diesen vermummten Männern.
00:46:50: Und ihnen wurden die Hände gefesselt, der Mund wurde ihnen mit Tapern zugeklebt, offenbar.
00:46:54: Das hat zumindest der Angeklagte in dem Prozess also auch schon zugegeben und ein Geständnis abgelegt.
00:47:00: Ich glaube, da muss man nicht im Konjunktiv sprechen.
00:47:04: Und diese Kinder wurden dann mit einem Wohnmobil, also mitten, wir sind immer noch mitten in der Silvester nach Süddeutschland gebracht.
00:47:12: Und Christina Block taucht da etwas später auf und holt die Kinder
00:47:16: ab.
00:47:17: Ja, du hast es gerade schon gesagt.
00:47:18: Es gibt ein paar Stellen, da muss man gar nicht im Konjunktisch sprechen.
00:47:21: Also ich glaube, dass die Entführung stattgefunden hat.
00:47:23: Es zweifelt
00:47:24: niemand, genau.
00:47:25: Interessant.
00:47:25: Und das ist jetzt auch sozusagen der Kern des Verfahrens, ist die Frage, welche Rolle Christina Block dabei gespielt hat.
00:47:31: Also was wirft ihr die Anklage vor?
00:47:33: Genau.
00:47:34: Sie
00:47:34: soll die Entführung ja nicht selber durchgeführt haben?
00:47:36: Genau, nein.
00:47:36: Also sie bestreitet auch nicht, dass sie da irgendwann diese Kinder abgeholt hat.
00:47:42: Aber was sie bestreitet, ist der Vorwurf der Staatsanwaltschaft, diese Entführung.
00:47:46: beauftragt zu haben.
00:47:48: Und da geht es konkret, bei diesen vermummten Männern soll es sich zumindest teilweise um Mitarbeiter einer israelischen Sicherheitsfirma handeln.
00:47:58: und auch, dass es diese israelische Sicherheitsfirma gibt, das streitet Frau Block jetzt nicht im Prozess ab.
00:48:04: Sie sagt, die hätten für sie für das Hotel Grand-Elysée, das auch der Familie Block gehört, die hätten dafür sie IT-Sicherheitsprüfungen durchgeführt oder geplant durchzuführen.
00:48:15: Und sie hätte denen von den Sorgen um ihre Kinder erzählt und dass sie von ihrem Vater gerettet werden müssten.
00:48:21: Und diese Sicherheitsfirma hätte auf eigenen Willen diese Entführung durchgeführt.
00:48:26: Das sagt Christina Block vor Gericht.
00:48:29: Sie hat sich da... lange eingelassen, was ja auch nicht unbedingt typisch ist, als Angeklagte in einem Strafprozess oder beziehungsweise man muss sich als Angeklagte nicht einlassen.
00:48:38: Sie hat das getan und sie stellt das Geschehen eben so dar.
00:48:41: Ich habe es nicht beauftragt.
00:48:42: Die Kinder wurden ohne mein Wissen entführt.
00:48:45: Wenn ich mich richtig an die Berichte auch im Vorfeld des Prozesses erinnere, dann war das ja nicht immer ihre Verhandlungs- oder ihre Verteidigungsstrategie.
00:48:52: Also ich glaube, ihre Mutter spielt da auch eine Rolle, da hat sich aber ein bisschen was getan.
00:48:56: Es
00:48:56: ist ein bisschen dubios.
00:48:58: Es gab diese... Gerüchte oder auch teilweise von ihren Anwälten so verbreitete Vermutungen, vielleicht kann man es so formulieren, dass ihre Mutter diese Entführung beauftragt hat.
00:49:08: Da geht es unter anderem um Geld, um sie abgehoben worden sein sollen in Bar, die das irgendwie belegen könnten.
00:49:10: Die Mutter war zum Zeitpunkt der Entführung tatsächlich schon tot.
00:49:12: Die starb im Sommer im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im Jahr im.
00:49:24: Also diesem Vorwurf kann man gar nicht richtig weiter nachgehen.
00:49:26: Zumindest kann man dieser Frau keinen Prozess machen.
00:49:30: Auch jetzt im Verfahren.
00:49:30: theoretisch sollten sich da Verdachtsmomente erhärten.
00:49:34: Allerdings spricht sie jetzt in dieser Verhandlung, also Frau Block, nicht mehr über den Vorwurf, dass ihre Mutter das gewesen sein könnte, was sie allerdings gesagt hat im Prozess ist, dass sie glaubt, dass ihre Mutter auch daran gestorben sei, dass die Familie diese Kinder nicht sehen könnte, weil sie beim Vater lebten all die Jahre
00:49:53: lang.
00:49:55: Ja, wir haben es gerade schon erwähnt.
00:49:57: Christina Block ist die Hauptangeklagte.
00:49:59: Es gibt noch andere Angeklagte.
00:50:01: Unter anderem ein früherer Sportmoderator.
00:50:04: Der Link, welche Rolle soll der gespielt haben?
00:50:06: Er ist wegen Beihilfe angeklagt.
00:50:08: Er soll Dinge rund um diese Entführung organisiert haben, Zugtickets oder solche Dingerflugverbindungen rausgesucht haben, mit Frau Block auch sehr viel in Kontakt gestanden haben in dieser Nacht oder in den Tagen danach.
00:50:23: Und er soll falsche Angaben gegenüber Kriminalbeamten gemacht haben, als diese Entführung dann sehr schnell natürlich bei den Behörden irgendwie für Aufsehen sorgte und dem nachging.
00:50:38: Das erklärt, warum er in dem Verfahren verwickelt ist.
00:50:42: Jetzt zählen wir Christina Block.
00:50:44: Ja, Delling.
00:50:44: Es gibt noch weitere Angeklagte.
00:50:46: Wer ist das?
00:50:46: Ganz
00:50:46: kurz vielleicht?
00:50:47: Genau, ganz kurz.
00:50:48: Es sind nicht nur die beiden, es sind insgesamt sieben.
00:50:51: Es gibt noch den Anwalt der Familie Block.
00:50:54: Christina Block hat ihn vor Gericht als ihren Anwalt für alle Lebenslagen beschrieben.
00:50:59: Er ist wohl so ein bisschen ihre rechte Hand, aber auch Eugen-Blocks, also ihres Vaters rechte Hand.
00:51:05: Er soll eben auch diese Entführung mit auf die Beine gestellt haben laut Staatsanwaltschaft.
00:51:12: Dann... gibt es noch den Israelital S, der sich auch umfassend vor Gericht eingelassen hat.
00:51:20: Der soll einer dieser vermummten Männern gewesen sein, wobei er auch das sehr ausführlich und detailliert vor Gericht zugegeben hat.
00:51:27: Er ist der einzige, der Angeklagten, der sich in Untersuchungshaft befindet.
00:51:31: Dann gibt es noch einen Mann, der Chef einer anderen Sicherheitsfirma ist.
00:51:36: Dieser Mann soll das Haus der Familie Block, nach der Rückkehr der Kinder, also Frau Block hat die Kinder, im Süddeutschland abgeholt und wurde zurück nach Hause gefahren.
00:51:45: Dieser Mann soll dann dieses Haus in Hamburg versucht haben zu schützen oder versucht haben, dass praktisch vom Ex-Mann keine Versuche unternommen werden, die Kinder wieder an sich zu reißen.
00:51:59: Dann gibt es noch die Cousine von Christina Block.
00:52:03: Die soll gemeinsam mit ihrem Mann, das ist der letzte Angeklagte, Auch die Rückkehr der Kinder nach Hamburg mit organisiert haben bzw.
00:52:11: Teil davon gewesen sein.
00:52:13: Frau Christina Block hat auch vor Gericht gesagt, ihre Kusine habe die Kinder dann das letzte Stück nach Hamburg reingefahren.
00:52:22: Also auch da hat Frau Christina Block gesagt, sie war da und sie wollte, dass die Kinder ein vertrautes Gesicht sehen.
00:52:29: Und sie hat eine sehr enge Verbindung zu ihrer Kusine.
00:52:33: Und auch die Kinder hätten eine sehr enge Verbindung zu ihrer Kusine.
00:52:35: So kam dieser Kontakt.
00:52:37: Ja, wir merken schon viele Akteure.
00:52:39: Wahnsinnig komplexer Fall.
00:52:41: Was den Fall noch komplexer macht, ist ja die Vorgeschichte.
00:52:43: Du hast vorhin schon gesagt, das spielt auch ein eskalierter Sorgerechtstreit, eine Rolle.
00:52:49: Wir unterhalten uns natürlich jetzt vor allem das strafrechtliche Verfahren.
00:52:52: Aber um die mutmaßlichen Motive, muss man ja sagen, von Christiana Block zu verstehen, muss man ja zumindest diesen Sorgerechtstreit in groben Zügen einmal verstanden haben.
00:53:02: Kannst du uns vielleicht einmal kurz zusammenfassen, welche Vorgeschichte?
00:53:05: Das hat worum es in dem Sorge-Rechtsstreit geht.
00:53:08: Genau.
00:53:08: Es gibt eine sehr lange Vorgeschichte in diesem Fall.
00:53:11: Das Paar Stefan Hänsel und Christina Block haben sich, da war das Jüngste ihrer Kinder, gerade erst geboren.
00:53:18: Und im Jahr ist der Streit um die Kinder, das erste Mal richtig hochgekocht, kann man vielleicht sagen.
00:53:25: Und zwar hat Hänsel da zwei der gemeinsamen Kinder, die zu einem Besuchswochenende bei ihm waren.
00:53:31: nicht mehr zurückgebracht, wie für Abrede zu Christina Block.
00:53:35: Und Christina Block hat dagegen Beschwerde eingelegt.
00:53:38: Deutsche Gerichte haben gesagt, die Kinder müssen zurück zu Christina Block.
00:53:42: Hänsel allerdings hat dieses, ich bringe die Kinder nicht zurück, damit begründet, dass die Mutter den Kindern Gewalt antun würde.
00:53:49: Das hätten die Kinder ihm erzählt.
00:53:51: Das weiß man nicht, ob das so ist.
00:53:53: Da muss man sehr vorsichtig sein mit diesen Vorwürfen.
00:53:56: Der Vater lebte zu dem Zeitpunkt schon in Dänemark und die dänischen Gerichte haben diesen Beschluss des deutschen Gerichts, haben die zwar anerkannt, aber sie haben ihn nicht vollstreckt.
00:54:04: Das heißt, die Kinder blieben in Dänemark und der Grund dafür war, dass die dänischen Gerichte eben dadurch, dass diese Kindeswohlgefährdung im Raum gestanden hat, vorsichtig sein wollten und die Kinder eben nicht der Mutter zurückgeben wollten.
00:54:17: Das war praktisch so der erste Eskalationspunkt.
00:54:20: Christina Block sagt vor Gericht, sie gufte die Kinder seitdem dann nicht mehr sehen.
00:54:25: Der Vater habe sie fern gehalten.
00:54:28: Stefan Hänsel sagt vor Gericht, das sei überhaupt nicht so.
00:54:33: Das, was Stefan Hänsel gemacht hat, ist rechtswidrig.
00:54:35: Und die Staatsanwaltschaft in Hamburg hat auch gegen ihn Anklage erhoben.
00:54:39: Das Amtsgericht Hamburg hat das abgelehnt.
00:54:42: Dann hat die Staatsanwaltschaft die Beschwerde eingelegt.
00:54:44: Und jetzt ist dieses Verfahren auch beim gleichen Gericht anhängig, beim Landgericht Hamburg, bei dem jetzt gegen Christina Block verhandelt wird.
00:54:52: Es ist aber noch nicht über die Eröffnung des Hauptverfahrens entschieden.
00:54:57: Das heißt auch ... Stefan Hänsel hat sich zumindest nach Auffassung der Staatsanwaltschaft rechtsfähigere Verhalten.
00:55:04: Und es ist so ein bisschen die Frage, welche Seite ist da die bessere?
00:55:07: Ich glaube, das ist nämlich das Spannende an diesem Prozess.
00:55:09: Das ist überhaupt nicht feststellbar.
00:55:11: Das wird auch kein Gericht der Welt feststellen können, weil beide Seiten sich in so einer Eskalationsspirale gefangen sind und immer tiefer da reingeraten.
00:55:19: Und man merkt das auch vor Gericht, die die Fronten sind da sehr verhärtet.
00:55:23: Lass uns noch mal über dieses Verfahren sprechen.
00:55:25: Das strafrechtliche Verfahren.
00:55:26: Du warst ja da, hast gerade.
00:55:28: schon so ein bisschen beschrieben, was zuvor in dem Gericht beobachtet hast.
00:55:32: Aktuell haben wir drei Wochen Verhandlungspause.
00:55:35: Was ist bisher alles passiert?
00:55:36: Also wo stehen wir gerade in dem Verfahren?
00:55:38: Was steht schon fest und was erwartet uns auch noch?
00:55:41: Also es ist ganz interessant, weil eigentlich stehen wir noch ganz am Anfang des Verfahrens.
00:55:45: Das waren jetzt erst ein paar Verhandlungstagen von vielen Dutzenden bis Ende März.
00:55:50: Gibt es Termine und dass man aber den Eindruck hat, das sei schon so viel passiert.
00:55:54: ist, weil sich mehrere der Angeklagten eingelassen haben.
00:55:57: Ganz zu Beginn, Christina Block, die ausführlich beschrieben hat, wie das Verhältnis zu ihren Kindern ist, was sie mit dieser Entführung zu tun gehabt habe und was auch nicht.
00:56:07: Und sie daraufhin natürlich ausführlich von den Verfahrensbeteiligten befragt wurde.
00:56:12: Da hat man schon gemerkt, auch die Kluft, die zwischen ihrem Ex-Mann und ihr herrscht.
00:56:18: Ihr Verteidiger Ingo Bott ist da sehr massiv gegen die Fragen der Nebenklage vorgegangen.
00:56:24: hat zum einen gesagt, dass Frau Block den Großteil nicht beantworten wird und zum anderen auch sehr viele Fragen beanstandet.
00:56:29: Das war so der erste Block, der sich da durchgezogen hat und weswegen das auch sehr viele Verhandlungstage in Anspruch genommen hat.
00:56:36: Dann hat sich auch der Entführer Thales, von dem ich vorhin schon kurz gesprochen hatte, der hat sich auch eingelassen und auch ausführlich über mehrere Verhandlungstage erzählt, was passiert ist und sich der Frage, den Fragen der Verfahrensbeteiligten gestellt.
00:56:49: Gerhard Delling hat in einem recht kurzen Statement auch etwas zur Sache.
00:56:52: gesagt.
00:56:54: Und die anderen Verfahrensverteiligten, der Anwalt von Frau Block, oder von der Familie Block, muss man eher sagen, der hat sich möchte nichts sagen.
00:57:01: Deswegen war der schnell abgehakt.
00:57:04: Und anderen Angeklagten kamen auch teils kurz zu Wort.
00:57:08: Und jetzt hat praktisch als erster Zeuge Stefan Hinsel ausgesagt.
00:57:13: und eben berichtet, wie er diese Entführungen erlebt hat, die Todesangst, die er da gehabt habe, als er da nieder zur Boden gerissen wurde und dann geschlagen wurde.
00:57:24: Und auch das hat mehr oder weniger einen ganzen Prozesstag in Anspruch genommen.
00:57:30: Und jetzt ist, wie du ja schon gesagt hast, Pause und danach werden weitere Zeugen gehört.
00:57:34: Danach geht es eigentlich erst richtig los.
00:57:36: Die Beweisaufnahme hat jetzt erst begonnen.
00:57:38: Es ist noch vieles offens, noch unklavär, Frau Wehr-Kristina-Block belasten könnte, ob es irgendwo einen konkreten Nachweis gibt, der diese oder ein Indiz dafür, dass es diesen Auftrag gegeben hat.
00:57:53: Da gibt es ganz unterschiedliche Möglichkeiten, in welche Richtung sich dieses Verfahren entwickeln kann, zumindest wenn es um Christina Block geht.
00:58:00: Beschreib vielleicht noch mal die Atmosphäre zwischen den Menschen oder zwischen den Akteuren im Gerichtsaal.
00:58:05: Also wählen wir Christina Block, ihren Ex-Mann und Gerhard Delling, aber auch den mutmaßlichen Entführer der Kinder, die ja wirklich wenige Meter nebeneinander im Gerichtsaal sitzen.
00:58:14: Interagieren die irgendwie oder wie ist da so die Stimmung zwischen denen?
00:58:19: Also ... die interagieren.
00:58:21: Christina Block hat vor allem mehrfach immer nur Cools, aber direkt an Stefan Hänsel, den sie Stefan nennt, in ihrer Einlassung auch Worte gerichtet.
00:58:34: Er ging es um mutmaßliche Textnachrichten, die der einzigen, die bei Frau Block noch lebt, geschickt haben soll.
00:58:42: Dann hat sie gesagt, Stefan sei nicht so perfide, also jetzt paraphrasiert.
00:58:46: Sie adressiert ihn teilweise direkt.
00:58:48: Stefan Hänsel hat bei manchen der Vorwürfe, die von der Blockseite gemacht wurde, teilweise so ... So gelacht, also so als wäre das, also in Form von, ah, wie lächerlich diese Vorwürfe sein, so habe ich seinen Gesichtsausdruck interpretiert.
00:59:05: Die Gemüter erhitzen sich eigentlich vorwiegend zwischen beiden Anwälten.
00:59:10: Also Christina Blocks, Verteidiger Ingo Bott, beanstandet viele Fragen, versucht die Fragen der Nebenklage und teils auch der Staatsanwaltschaft.
00:59:21: weiß die zurück, sagt, so kann man keine Fragen stellen, das sei unzulässig.
00:59:24: Und es gab mehrere lange Pausen, wo die Richter sich dann zurückgezogen haben und entschieden haben über so einen Antrag von ihm.
00:59:31: Und der Anwalt von Stefan Hensel, Philipp von der Mäden, der macht dann manchmal so ein lockeren Spruch zurück.
00:59:37: Es wirkt manchmal ein bisschen wie ein Theatervorgericht.
00:59:43: Führt auch manchmal zu Gelächter im Publikum.
00:59:45: Es ist eine sehr sehr Atmosphäre teilweise und dann wird sehr schnell sehr hitzig, wenn es dann um eine konkrete Frage geht, die jetzt vielleicht die Seite von Frau Block unangenehm als unangenehm empfindet oder als als nicht zulässig empfindet und dann wird sich sehr schnell hin und her werden sich so ein paar Vorwürfe an den Kopf geworfen.
01:00:02: und auch das hat dazu geführt, dass dieses Verfahren sich ja dass dieses Verfahren wahrscheinlich länger dauern wird, als man ursprünglich vermutete.
01:00:10: Würdest du eine Prognose wagen?
01:00:12: Wie lange werden wir uns noch mit dem Blockprozess beschäftigen?
01:00:15: Ist ein Ende schon in Sicht?
01:00:17: Also bis Ende März stand jetzt die Verhandlungstermine anberäumt.
01:00:20: Man muss dazu sagen, ursprünglich waren sie bis kurz vor Weihnachten.
01:00:24: Anberäumt, dass es jetzt noch mal so viele weitere Verhandlungstage geben soll.
01:00:29: Das hat zumindest die Sprecherin der Gerichte in Hamburg gesagt, es sei nichts Ungewöhnliches.
01:00:34: Man tue das, um das Verfahren gut organisiert über die Bühne zu bringen.
01:00:39: Aber es zeigt natürlich schon, dass das deutlich länger ist als das Gericht, als die Kammer.
01:00:43: von einer reinen Dachte.
01:00:46: Und es kann natürlich sein, dass je nachdem, welche Beweise sich dort mutmaßlich auftun, welche Zeugen noch kommen, dass sich das nochmal darüber hinauszieht.
01:00:54: Also ich glaube, vor Gericht weiß man ja nie, auch an einem Verhandlungstag, genau was passiert und was nicht passiert und wie lange einer geht und eine Prognose, ob es über den März hinausgeht.
01:01:04: Ich vorstellbar ist es natürlich... Aber wer weiß, vielleicht kommt auch, das kann ja auch sehr schnell verkürzt werden, wenn auf einmal ein Geständnis von einer Seite vorgetragen wird, mit dem niemand gerechnet hat.
01:01:17: Das ist vor Gericht ja leider häufig alles möglich.
01:01:21: Was auch immer passiert, wir behalten den Pfeil natürlich weiter im Blick und spätestens, wenn es dann ein Urteil gibt, sehen wir uns hier im Podcast dann bestimmt wieder.
01:01:29: Bis dann erst mal vielen Dank für das Update, lieber Kim und bis bald.
01:01:31: Sehr gerne, danke, ciao.
01:01:33: Unser gerechtes Urteil kommt heute aus Karlsruhe vom Bundesverfassungsgericht.
01:01:40: Die Entscheidung ist allerdings kein Urteil.
01:01:42: Was dann, Herr Banas?
01:01:43: Es
01:01:43: ist ein Kammerbeschluss, ein Kammerbeschluss einer Kammer des ersten Senats.
01:01:49: Und die hat einstimmig beschlossen, eine Verfassungsbeschwerde wegen Unzulässigkeit nicht zur Entscheidung anzunehmen.
01:01:57: Die Entscheidung datiert vom vierundzwanzigsten Juno.
01:02:01: Einiger Wochen später wurde sie dann auch wie üblich in die Entscheidungsdatenbank eingestellt.
01:02:08: Und sie ist zum Beispiel auch in der juristischen Datenbank Juris bereits am einundzwanzigsten August Gegenstand einer Urteilskommentierung gewesen von Dr.
01:02:22: Marc Lerach, einem Richter.
01:02:27: Obersen Landesgericht.
01:02:28: Und ich erwähne das deswegen, weil es ganz interessant ist, dass hier dann eben so eine fachliche Rezeption schon vor der Rezeption in der außerfachlichen Öffentlichkeit begonnen hat.
01:02:42: Denn die ist erst ausgelöst worden durch einen Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung unserer Kollegin Julia Enke am neunzwanzigsten August.
01:02:52: Dabei hätte man ja eigentlich mit Interesse der Allgemeinen Öffentlichkeit rechnen müssen, denn über die Entscheidung der Fachgerichte, die jetzt mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen wurden, war ja eigentlich in Zeitung und Rundfunk ziemlich ausführlich berichtet worden.
01:03:04: Insbesondere gibt es hier ein großes Interesse der literarischen Öffentlichkeit, denn es geht um einen Roman, den Roman innerstädtischer Tod von Christoph Peters, der im vergangenen Jahr im Luchterhand Verlag erschienen ist.
01:03:19: Der Berliner Galerist Johann König und seine Frau sehen sich in diesem Roman unvorteilhaft porträtiert und versuchen daher ein Verbot des Buches zu erwirken.
01:03:33: Wir sehen, wir haben es mit einem Literatureskandal zu tun, einem Literatureskandal der Sorte, die auch das Zeug zum Justizskandal hat.
01:03:41: Denn die Öffentlichkeit ist ja immer äußerst sensibel, wenn Gerichte sich zu Kunst und Literaturfreiheit äußern und auch nur in Erwägung ziehen, einem solchen Begehr, dass ein Buch aus dem Verkehr gezogen oder das Passagen geschwärzt werden sollen, stattzugeben.
01:03:59: Hier hat allerdings das Landgericht Hamburg dann am vierundzwanzigsten Februar den Antrag der Ehleute König auf Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt und das Hanseatische Oberlandsgericht hat am achtzehnten März die dagegen gerichtete Beschwerde zurückgewiesen.
01:04:19: Das Bundesverfassungsgericht hat dann eben wie gesagt die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und über diesen Beschluss gab es aus Karlsruhe dann keine Pressemitteilung.
01:04:32: Da muss man vielleicht nicht groß drüber spekulieren.
01:04:35: Aber das ist, glaube ich, so ein Grund dafür, dass den Literaturkritikern diese Entscheidung zunächst entgangen ist.
01:04:43: Möglicherweise wollte ja das Bundesverfassungsgericht hier nicht ohne Not das öffentliche Interesse an dieser Sache vermehren.
01:04:52: Denn die Johann König und seine Frau behaupten ja, alles öffentliche Interesse, was eben diesen Roman trifft, Das schadet uns und das ist eine Verletzung unseres Persönlichkeitsrechts.
01:05:04: Ja, dann lassen Sie uns mal über den Roman sprechen.
01:05:06: Warum erkennt sich jetzt der Galerist und seiner Gattin in dem Roman wieder?
01:05:10: Und warum wollen Sie nicht hinnehmen, dass sie in der Literatur verewigt worden sind?
01:05:13: Das war ja sicherlich auch ein Motiv, das jetzt gar nicht mal so fernliegend ist.
01:05:17: Die Vorgeschichte besteht darin, dass gegen... Johann König Vorwürfe sexueller Belästigung erhoben worden sind.
01:05:25: Das wird in dem Schluss aus Karlsruhe dann doch auch relativ detailliert noch einmal nachvollzogen.
01:05:31: Zunächst machten die so in schriftlicher Form als ein anonymer Brief die Runde.
01:05:36: Dann wurden sie in einer Zeitung, nämlich in der Wochenzeitung, die Zeit auch verbreitet.
01:05:41: Und gegen diese Publikation der Zeit ist König dann gerichtlich vorgegangen.
01:05:47: Und er war dabei, muss man sagen, doch in größerem Umfang erfolgreich.
01:05:51: Und jetzt stehen sozusagen dieselben Dinge in diesem Roman von Christoph Peters über einen Berliner Galeristen, der zwar nicht Johann König heißt, aber von dem König sagt, dass er da ganz leicht als der Gemeinte zu erkennen sei.
01:06:11: Währt sich jetzt, weil man sagt, das kann ja nicht sein, dass man dagegen die Zeit gewonnen hat und jetzt etwas hinnehmen muss, wenn im Grunde mehr oder weniger dasselbe in einem Roman steht, also im Schutz der Kunstfreiheit dann verbreitet wird.
01:06:27: Was jetzt die Dinge im Roman, die dann bewertet werden als Verletzung des Persönlichkeitsrechts angeht, muss man vom Stoff her noch erwähnen, dass in dem Roman die Ehefrau des Skaleristen eine Affäre mit einem Künstler hat.
01:06:43: Und hier gibt es eben ja zwei Kleger und die Ehefrau und natürlich auch ihr Ehemann wehren sich dagegen, dass, wie sie sagen, hier der Frau des Galeristen so etwas angedichtet wird.
01:06:58: Sexuelle Belästigung durch Ausnutzung beruflicher Macht und Ehebruch.
01:07:02: Man merkt ziemlich schnell, dass diese Erzählungen durchaus die Intimsphäre und damit den Kernbereich des persönlichen Lebens betreffend, eher durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht besonders stark geschützt ist.
01:07:12: Um jetzt wieder juristisch zu werden, wir haben die Hamburger Gerichte nun geprüft, ob das Buch von Peters die Persönlichkeitsrechte der Ehleute König verletzt.
01:07:21: Ja, überwiegend beschäftigen sich diese beiden Entscheidungen dann doch mit der Einstufung sozusagen des Romanens.
01:07:30: Also man liest jetzt weniger in den beiden Urteilen darüber, wie ehrenrührig ist das, was da erzählt wird, sondern es geht dann hauptsächlich darum, welche Funktion spielt das in dem Roman, dass da solche Dinge behandelt werden und dabei wird eine Prüfung vorgeschaltet, ob das Buch überhaupt unter die Kunst Freiheit
01:07:51: fällt.
01:07:52: Nach Artikel fünf des Grundgesetzes ist diese ja stärker geschützt als die bloße Äußerungsfreiheit.
01:07:59: Und das heißt, wenn eine Abwägung stattfindet zwischen dem Recht von jemandem, der so etwas erzählt und demjenigen über den es erzählt wird, dann hat eben derjenige, der es erzählt, wenn er es in Romanform erzählt hat, erstmal prinzipiell eine bessere Position bei der Abwägung.
01:08:19: Das Oberlandesgericht hat dann folgenden Grundsatz hervorgehoben, erhebt ein Kunstwerk einen umfassenden Faktizitätsanspruch, beispielsweise bei einem fälschlicherweise als romanetikettierten bloßen Sachbericht, kann es nicht als fiktives Werk angesehen werden.
01:08:40: Und ich glaube, ein Problem der im richterlichen Beschäftigung mit diesen Dingen ist, dass die Begriffe Fiktion und Kunstwerk da ein bisschen durcheinander gehen.
01:08:50: Eigentlich sagen hier das Oberlandesgericht und das Landgericht etwas ganz Einfaches.
01:08:55: Es soll nicht möglich sein, dass man einfach nur das Etikett Roman auf ein rein verleumdere Pampflied darauf klebt, indem man eigentlich behauptet, reine Tatsachen zu verbreiten.
01:09:11: Und dann sagt, ja, es ist ja alles Kunst, also muss es mir sowieso erlaubt sein, diese Tatsachen zu verbreiten.
01:09:20: Die Formulierung, wie gesagt, scheint mir etwas missverständlich, denn ein als Fiktion bloß etikettierter Tatsachenbericht wäre ja gar kein Kunstwerk.
01:09:29: Aber man sieht daran, wie wichtig für die Gerichte, da sind diese Hamburger Gerichte überhaupt keine Ausnahme.
01:09:35: wichtig eben diese Vorstellung ist, ja man muss eigentlich über die Fiktion hier die Sache knacken.
01:09:41: Im Übrigen ist der Kunstcharakter des Buches von Peters von den Klägern auch überhaupt nicht bestritten worden und daraus folgt für die Gerichte mit einem in diesem Sammang sehr gängigen Begriff.
01:09:54: Ihre Abwägung wird geleitet von einer kunstspezifischen Betrachtung.
01:10:00: Aber bedeutet das nicht auch ein Stück weit, dass die Richter in gewisser Weise als Kunstkritiker tätig werden müssen?
01:10:05: Also können Sie nur dadurch zu einem Urteil in Ihrem Fall kommen, dass Sie einen Urteil auch über die künstlerische Qualität des Werkes fällen?
01:10:14: Das Bundesverfassungsgericht hat im Jahr seven einen Urteil gefällt über einen Roman von Maxim Biller mit dem Titel Esra.
01:10:23: Und da kam es eben doch zu dem Ergebnis, dass durch diesen Roman eben der Autor und seinen Verlag Persönlichkeitsverletzungen begangen haben.
01:10:34: Und in der ausführlichen juristischen, literaturwissenschaftlichen Rezeption dieses Urteils wird häufig eben genau dieser Punkt gemacht, dass im Grunde viel zu viel Literaturkritik da in diesem Urteil steckt.
01:10:51: Und ich glaube, diese Kritiker des Esraurteils können sich jetzt durch das Landgericht und das Oberlandesgericht in Hamburg bestätigt sehen, also besser gesagt durch die Kritik, die man eben vielleicht doch auch an diesen Urteilen, was die ihre Machart angeht, üben kann.
01:11:09: Man findet dort ausführliche Beschreibungen des Aufwands, den der Autor treibt, um sozusagen nachzuweisen.
01:11:18: Man hat es eben wirklich mit einem Werk der Fiktion zu tun.
01:11:23: Und da findet man im Esraurteil zum Beispiel die Feststellung, dass ein Werk der Fiktion sich eben nicht in einer reportagehaften Schilderung von realen Personen und Ereignissen erschöpft, sondern eine zweite Ebene hinter dieser realistischen Ebene besitzt.
01:11:42: Und genau nach dieser zweiten Ebene hinter der realistischen Ebene von Dingen, die ziemlich ähnlich sind, wie das, was in der Zeit über die Ehleute König stand.
01:11:50: Nach dieser zweiten Ebene suchen dann auch die Gerichte in diesem Text und sie werden fündig.
01:11:56: Sie werden zum Beispiel dort fündig,
01:11:59: dass
01:11:59: Christoph Peters diesen Roman wie auch zwei frühere Romane, die zusammen eine Trilogie bilden, angelehnt hat als quasi Paraphrasen oder Ommagen an drei berühmte Romane eines Verstorbenen.
01:12:17: Kollegen, nämlich von von Wolfgang Köppen.
01:12:19: Da sagen die Richter ja, also hier hat man dann das, was Literaturwissenschaftler Intertextualität nennen und das zeigt ja schon, hier wird nicht einfach die die Wirklichkeit abgeschildert.
01:12:30: Das kommt mir offen gesagt doch ein bisschen kurzschlüssig vor, denn Intertextualität und Weltbezug sind eigentlich kein Gegensatz.
01:12:40: Dann heben die Richter hervor, dass multi-perspektivisch erzählt wird, dass also nicht nur eine Perspektive auf dieses Geschehen dem Leser vorgegeben wird, und da nehmen sie dann eine sicher bedenkenswerte Abgrenzung von Billers Roman Esra vor.
01:12:56: Sie stellen fest, der Ich-Erzähler bei Peters sei kein Stellvertreter des Autors und die Kleger selbst hätten ja darauf hingewiesen, dass dieser, ich erzähle, ein Künstler, das der anderen realen Person, nämlich realen Künstler nachgebildet sei.
01:13:16: Hat Christoph Peters zu seiner Verteidigung eigentlich auch geltend gemacht, dass die Übereinstimmung zwischen Romanhandlung auf der einen Seite und den Geschichten, die über Johann König kursieren, auf der anderen Seite ein Zufall sind?
01:13:26: Das wäre ja auch eine denkbare Verteidigungsstrategie.
01:13:29: Das wäre denkbar und er hat sich aber sozusagen... ganz in der entgegengesetzten Weise verteidigt.
01:13:37: Man kann da eigentlich schon von einer Vorwärtsverteidigung sprechen, denn im Buch selber findet sich eine Bemerkung, wo sozusagen etwas über den Status des Buches gesagt wird.
01:13:49: Dieses Buch ist ein Roman.
01:13:51: Als literarisches Werk knüpft es in vielen Passagen an reales Geschehen und an Personen der Zeitgeschichte an.
01:13:58: Das ist übrigens so eine Tendenz, die man feststellen kann, dass Bücher die wie man die also in dieser Kategorie des sogenannten Schlüsselromans fallen oder dort eingeordnet werden können, dass da sicherlich dann auf den Rat von Juristen aus den Verlagen sehr häufig diese sogenannten Disclaimers in die Bücher selbst sozusagen hineingedrückt werden.
01:14:23: Also er hat das ganz offengelegt, er hat die Namen natürlich nicht genannt, aber er hat gesagt, ja, ich bin eben ein Schriftsteller, ich interessiere mich für die Gegenwart und ich habe mich an... auch durch das, was ich in der Zeitung gelesen habe.
01:14:35: Und er ist sogar noch weitergegangen bei seiner Recherche.
01:14:38: Er hat auch einmal die Galerio an König besucht.
01:14:42: Und das belegt aber für das Landgericht noch nicht, dass es Peters
01:14:47: um
01:14:47: die Darstellung von König nun hauptsächlich gegangen sei in seinem Buch.
01:14:52: Und das ist wieder ein Unterschied.
01:14:53: dann zu dem Roman Esra, jedenfalls wie der von den Gerichten dann verstanden worden ist.
01:14:59: Da hat man, um es sehr überspitzt jetzt zu sagen, doch Bilder, so persönliche Motive unterstellt, die dort porträtierten Personen, die sich gewährt haben, sozusagen, haben die sozusagen Blutstellen wollen, entscheidend für die Argumentation der beiden Fachgerichte ist dann eben dieser Begriff der Fiktion und das Verfahren der Fiktionalisierung.
01:15:23: Der Stoff ist real aus der Wirklichkeit, aber er ist verfremdet worden.
01:15:29: Da werden dann so einige Beispiele aufgestellt.
01:15:31: Im Roman ist der Altersunterschied im Galeristen eher anders als in der Wirklichkeit.
01:15:37: von Johann König ist bekannt, dass er fast blind ist und umso erstaunlicher ist er, dass er so ein sehr, sehr erfolgreicher Galerist ist.
01:15:46: und im Roman hat aber diese Figur keine Sehschwäche, sondern im Gegenteil wird ihr ein sehr scharfer Blick attestiert.
01:15:54: Die Galerie im Roman wie in der Wirklichkeit von Johann König befindet sich in einer Kirche, aber die Gerichte weisen dann darauf hin, es handelt sich nicht um eine brutalistische Kirche wie die Berliner Kirche Sankt Agnes, in der sich die wirkliche Galerie von König befindet, sondern im Roman ist es eine Kirche aus dem neunzehn Jahrhundert aus der Gründerzeit.
01:16:18: waren Figuren aber erkannt worden, oder?
01:16:20: Ja, und man kann vielleicht sogar sagen wegen dieser Verfremdung.
01:16:24: Ich finde, hier bekommt man auch so eine Schwäche, dieses Kriteriums der Verfremdung zu fassen.
01:16:33: hat man einmal die Vorbilder erkannt, dann wird gerade die Umkehrung sprechend.
01:16:40: Dann denkt man eben immer an König, wenn man den Roman liest und wenn dann vom scharfen Blick die Rede ist, dann wird man erst recht dran denken, ja, der echte Johann König, der kann ja nur sehr schlecht sehen.
01:16:52: Und noch deutlicher finde ich, ist das mit dem Beispiel von der Kirche, dass die Galerie sich in einer Kirche befindet.
01:16:59: Das ist nun eine ganz, ganz deutliche Anspielung.
01:17:02: Dafür sind einfach Galerien zu selten in Kirchen.
01:17:06: Und dass dann die Epoche der Baustil geändert ist, ist eigentlich nur ein Signal nochmal vom Autor.
01:17:15: Hier, ich habe es extra geändert, aber dadurch wird man als Leser, wenn man an König denkt, ja nur nochmal auf König hingewiesen.
01:17:22: Jetzt haben die Ehleute König das Verfassungsgericht angerufen.
01:17:26: Worauf genau stützen Sie rechtlich Ihre Verfassungsbeschwerde?
01:17:30: Also es geht da zusammen, wie das nicht untypisch in solchen Verfahren ist, wo man Gerichtsurteile angreift.
01:17:38: Einerseits geht es in der Sache um das, was der Roman eben angeblich Ihnen angetan hat.
01:17:43: Das ist die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
01:17:46: Und dann aber hier konkret Verletzung der Prozessgrundrechte durch die Hamburger Gerichte, der Rechte auf rechtliches Gehör, auf effektiven Rechtsschutz und auf Prozesse.
01:17:59: eine normale Waffengleichheit.
01:18:01: In der erwähnten Anmerkung in Juris hat Leerach den interessanten Hinweis gegeben, dass hier dann diese Verfassungsbeschwerde eigentlich komplementär zu Fällen liegt, in denen Verfassungsbeschwerden darauf abgezielt haben, Unterlassungsverfügungen in Äußerungssachen durch das Anmahnen von Waffengleichheit auszuhebeln, wenn derjenige, der sich geäußert hatte.
01:18:28: mit einer Unterlassungsverfügung belegt worden war, gesagt hat.
01:18:31: Ich bin aber hier nicht angehört worden.
01:18:33: Hier liegt die Sache umgekehrt, aber die Kammer hat dann keine Verletzung der Prozessgrundrechte feststellen können, sondern verweist im Grunde einfach die Beschwerdeführer hier auf die Hauptsache.
01:18:48: Sie sollen vor den Hamburger Gericht das Hauptsacheverfahren führen und dort würden dann ja die Gerichte erneut üben über die Verletzung des persönlich rechts entscheiden.
01:18:59: Leitend für die Kammer war der Grundsatz hier der Subsiderität.
01:19:05: Demnach soll die Verfassungsbeschwerde eben nur hilfsweise subsidiär dann eingreifen, wenn man auf dem ordentlichen Rechtsweg nicht weiter kommt.
01:19:18: und der ordentliche Rechtsweg würde eben hier auch bedeuten, dass an das vorläufige Rechtsschutzverfahren sich dann noch das Hauptsacheverfahren erst mal anschließen müsste.
01:19:29: Nur dann stellt die Kammer fest, kann das Ergebnis eines Allverfahrens mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden, wenn das Verfolgung der Hauptsache unzumutbar wäre.
01:19:40: Wann wäre das Verfolgung der Hauptsache unzumutbar?
01:19:43: entweder wenn ein nicht wieder gutzumachender Nachteil eintritt, wenn nicht sofort die Verfassungsbeschwerde behandelt wird oder wenn überhaupt nicht absehbar ist, dass der Beschwerdeführer angesichts der von den Fachgerichten bereits zugrunde gelegten Maßstäbe im Hauptsache Verfahren Erfolg haben könnte.
01:20:03: Ja, Herr Banas, warum haben Sie den Beschluss als gerechtes Urteil ausgewählt?
01:20:08: Wir kennen ja die Verfassungsbeschwerde als eine Art Universalbehelf.
01:20:13: Und hier gibt es sozusagen eine kleine Belehrung seitens des Gerichts, dass auch dieser Universalbehelf der Verfassungsbeschwerde seine Grenze hat.
01:20:25: Und diese Grenze liegt eben hier gerade in diesem Prinzip der Subsidiarität.
01:20:30: Und da finde ich dann nochmal rechtsteoretisch eigentlich auch ganz interessant, dass dieses Prinzip in gewissen Sinne hergeleitet wird aus den Voraussetzungen der Funktionsfähigkeit des Gerichts, an die eigentlich jeder denken muss, der eben mit dem Gericht zu tun hat und auch jemand, der vor das Gericht sieht, dort recht zu bekommen.
01:20:56: Es gibt da sogar so eine Art didaktischen
01:21:00: Zungenschlag
01:21:05: in diesem Beschluss.
01:21:06: Es wird nämlich den Beschwerdeführern und natürlich auch den hinter ihnen stehenden Anwälten vorgehalten, dass so ein Hauptsacheverfahren Kosten verursachen wird, dass es eine Zeit dauern wird.
01:21:23: Das ist noch nicht ein Grund, der irgendwie unzumutbar ist.
01:21:27: Dann denke ich, ist es auch schon ganz interessant, ein bisschen genauer hineinzulesen in diesen Nicht-Annahmebeschluss, über den ja dann in der Presse mit einer gewissen Verspätung auch ausführlich berichtet worden ist.
01:21:39: Denn die Kammer stellt ja ausdrücklich fest, dass Hauptsache Verfahren ist.
01:21:44: nicht erkennbar aussichtslos.
01:21:46: Der Fall hat einen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht komplexen Sachverhalt zur Grundlage.
01:21:51: Anders gesagt, es ist durchaus denkbar aus Sicht der Kammer, dass eben die Hamburger Gerichte, wenn sie im Hauptsacheverfahren sich noch etwas mehr Zeit für die Interpretation dieses Romans nehmen, dass die Gesichtspunkte über die wir vorhin gesprochen haben in der Abwägen zwischen Kunstfreiheit und Persönlichkeitsrecht, dass die doch etwas anders ausgehen könnten.
01:22:16: Die Kammer macht hier selbst keine literaturkretischen Ausführungen, wie man die in dem Esraurteil findet.
01:22:23: Aber ganz interessant ist, dass man doch ziemlich präzise Bemerkungen findet zu dem, was eben mit dem Roman von Christoph Peters passiert ist in der Rezeption.
01:22:32: Insbesondere weiß die Kammer darauf hin, dass man unterscheiden muss zwischen der Wirkung der Zeitveröffentlichung und des Romanens.
01:22:39: Also durch die Zeitveröffentlichung, auch wenn sie gerichtlich damit Erfolg angegriffen wurde, ist sicherlich ein Ansehen Schaden, vielleicht sogar ein wirtschaftlicher Schaden für die Galerie eingetreten.
01:22:50: Ob das man das bei dem Roman davon abgelöst auch nochmal sagen kann, das stellt die Kammer als zweifelhaft hin.
01:23:01: Ich finde auch ganz interessant, dass die Kammer vorsichtiger ist als Landgericht und Oberlandesgericht, was nun diese Erkennbarkeit angeht.
01:23:11: Die Vorinstanzen hatten da festgestellt, es gebe keinen Zweifel, dass König und seine Frau für eine Vielzahl von Lesern zu erkennen sind.
01:23:20: Und da ist die Kammer eben hier viel, viel vorsichtiger.
01:23:24: Sie weiß sogar darauf hin, dass die Königs selber sich ein bisschen Zeit genommen haben, dass sie also zwei Monate brauchten, bis sie da Anstoß genommen haben öffentlich an dem Buch.
01:23:37: Das stellt die Kammer fest, weiß ich schon, auf die beschränkt.
01:23:40: breiten Wirkung der beanstandeten Textpassagen hin.
01:23:44: und dann schließen sie also sozusagen diese mir doch recht lebensnah scheinenden Betrachtungen zu der praktischen Seite der Frage hier natürlich in erster Linie auch des Allbedarfs der Sache damit ab, dass sie sagen, dass die Beschwerdeführer vereinzelt auf das Werk angesprochen wurden, erreicht die Schwelle eines schweren Nachteils noch nicht.
01:24:11: Damit sind wir am Ende unserer Sendung angekommen, wer uns eine Hörerfrage stellen möchte oder Feedback und Themenideen für den Podcast hat, der kann Sie gerne an redaktioneinspruch.edfaz.de schicken.
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01:24:47: Die Referendare können sich dann auch hier bei uns in der Einspruchredaktion einbringen.
01:24:52: Für heute bedanken wir uns fürs
01:24:53: Zuhören
01:24:54: und wünschen Ihnen eine schöne Woche.
01:24:56: Auf einmal eine schöne Woche und bleiben Sie anspruchtreu.