F.A.Z. Einspruch

F.A.Z. Einspruch

Der Podcast, der die Woche neu verhandelt

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00:00:04: Herzlich willkommen zu Folge.

00:00:05: dreihundert siebenundfünfzig des FAZ Einspruch Podcasts des Podcasts FAZ zu Recht Justiz und Politik.

00:00:12: Heute ist der siebzehnte September zweitausendfünfundzwanzig.

00:00:15: Mein Name ist Finn Hohenschwert und mir im Studio gegen Übersitz Katharina Iskander.

00:00:19: Hi Katharina.

00:00:20: Hallo Finn.

00:00:21: Katzen anlocken.

00:00:23: Das ist die deutsche Übersetzung des englischen Wortes Cat-Calling.

00:00:27: Das klingt jetzt erst mal harmlos, hat aber einen durchaus ernsten Hintergrund.

00:00:31: Gemeins sind damit nämlich übergriffige, sexuell aufgeladene Bemerkungen im öffentlichen Raum.

00:00:37: Und meistens, das muss man auch dazu sagen, wird das von Männern gegenüber Frauen ausgesprochen.

00:00:42: Und die SPD sieht hier eine Strafbarkeitslücke und will für diese Fälle einen neuen Straftatbestand.

00:00:50: Doch wo endet ein misslungendes Kompliment und wo beginnt straffütiges Handeln?

00:00:54: Der Vorstoß der Sozialdemokraten sorgt für Diskussionsstoff.

00:00:58: Grund genug für uns, sich die Einzelheiten des Vorhabens genauer anzuschauen.

00:01:03: Und dazu habe ich die Juristin und stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD Sonja Eichwede in den Podcast eingeladen.

00:01:12: Und dann sprechen wir wieder einmal, muss man sagen, über die Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht.

00:01:18: Denn hier hat sich einiges getan.

00:01:20: Die SPD hat ihre Ersatzkandidatin für Frau Kubrosius-Gerstdorf bekannt gegeben.

00:01:25: Und wir schauen uns an, auf wen die Wahl gefallen ist und wann die Richterwahl stattfinden soll.

00:01:30: Ja, wir merken schon eine ausgesprochen SPD-lastige Folge dieses Mal.

00:01:35: Das nächste Thema hat aber nichts mit der SPD zu tun.

00:01:37: Ich spreche nämlich mit meinem Kollegen Jonas Wagner aus der politischen Redaktion.

00:01:42: Wir haben nämlich gestern am Dienstag ein Gespräch aufgezeichnet, das ein Verfahren betrifft, das Jonas heute, also am Mittwoch, den ganzen Tag für unsere Zeitung beobachtet und darüber berichtet.

00:01:55: Es geht nämlich um das Strafverfahren gegen die Führungsriege der Reichsbürgergruppe um Prinz Reus vom Frankfurter Oberlandesgericht und da steht eine wirklich interessante Beweisaufnahme an.

00:02:05: Ja, und unser gerechtes Urteil kommt in dieser Woche aus dem Sauerland.

00:02:09: Da hat in den vergangenen Wochen eine Hausdurchsuchung für Ziemlichen Wirbel gesorgt und nicht nur die Gerichte, sondern auch den Rechts- und Innenausschuss in Nordrhein-Westfalen beschäftigt.

00:02:19: Was dahinter steckt, hören Sie am Ende der Folge.

00:02:22: Und an dieser Stelle Sie ahnen, was kommt.

00:02:25: Der Hinweis auf unser Einspruchbriefing.

00:02:27: Darin fassen wir nämlich alles zusammen, was uns noch in dieser Woche in der Welt des Rechts

00:02:31: passiert

00:02:31: ist.

00:02:32: Das Briefing wird jeden Freitag um drei Uhr verschickt und Sie können sich dafür auf unserer Website unter fatz.net-einspruch anmelden.

00:02:43: Die SPD will sogenannte Scat-Calling, also übergriffige sexuell aufgeladene Bemerkungen im öffentlichen Raum, strafbar

00:02:49: machen.

00:02:50: Doch wo enden misslungende Komplimente und wo beginnen strafwürdiges Handeln?

00:02:55: Der Vorstoß der Sozialdemokraten sorgt für Diskussionsstoff, nicht nur unter Juristen.

00:03:01: Grund genug, die Einzelheiten des Vorhabens mit Sonja Eichwede zu besprechen.

00:03:05: Einspruch hören ist Frau Eichwede schon bekannt.

00:03:08: Vor der Bundestagswahl haben wir mit den rechtspolitischen Sprechern der Fraktion im Bundestag über ihre jeweiligen Wahlprogramme gesprochen.

00:03:15: Damals war Sonja Eichwede rechtspolitischer Sprecherin der SPD.

00:03:18: Inzwischen ist sie stellvertretende Fraktionsvorsitzender und als solche unter anderem zuständig für Innen- und Rechtspolitik.

00:03:25: Hallo Frau Eichwede.

00:03:26: Guten Tag, ich freue mich da zu sein.

00:03:29: Frau Eichweder, auch Sie haben sich öffentlich für die Strafbarkeit des sogenannten Catcallings ausgesprochen.

00:03:34: Warum wollen Sie dafür einen neuen Straftatbestand?

00:03:37: Es gibt auch schon die Beleidigung und die sexuelle Belästigung im Strafgesetzbuch.

00:03:41: Es gibt Fälle, die eben nicht unter diese beiden Straftatbestände fallen und trotzdem straffwürdig sind.

00:03:48: Und wir sind der Meinung, dass hier Strafbares Unrecht vorliegt, nämlich genau dann, wenn gezielte offensichtlich unerwünschte erhebliche, verbale und nonverbale sexuelle Belästigungen stattfinden.

00:04:02: Ganz wichtig ist dabei, dass natürlich eine Heblichkeitsschwelle überschritten sein muss.

00:04:07: Aber es gibt dazu auch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, wo ganz klar ist, dass wir hier eine Strafbarkeitslücke haben, die es auch zu füllen gilt.

00:04:18: Sie sprechen die Rechtsprechung des BGH an.

00:04:20: Konkret ist das ein Beschluss aus dem Jahr zehntzehn.

00:04:23: Da hat er gesagt, dass eben nicht jeder sexuell anzügliche Spruch immer zugleich auch eine erverletzende Komponente hat und eine Erverletzung ist ja bekanntlich die Voraussetzung für eine strafbare Beleidigung.

00:04:35: Worauf wollen sie stattdessen abstellen?

00:04:37: Also welches Rechtsgut müsste anstelle der Ehre in diesem neuen Straftatbestand verletzt sein?

00:04:43: Das ist quasi die sexuelle Selbstbestimmung, wenn man sich dem Verhalten auch nicht auf zumutbare Weise entziehen kann.

00:04:51: Es handelt sich hier quasi um psychisches Bedrängen.

00:04:56: in dem konkreten Fall, über den wir jetzt ja auch sprechen war es so, dass ein fünfsechzigjähriger Mann gegenüber einem elfjährigen Mädchen sagte, sie solle mitkommen, er möchte an ihre ... Ich sag jetzt das Wort, nicht die Schlechtsteile fassen.

00:05:14: Etwas, was einem, wenn man das hört... wehtut, wo man auch als älter und als erwachsener Mensch nicht möchte, dass die Tochter oder auch der Sohn von so etwas betroffen ist.

00:05:26: Und wir sehen, dass die Fälle dieser sexuellen Belästigung stark angestiegen sind, auch in den letzten Jahren.

00:05:34: Und dass vor allem die jungen Mädchen und die jungen Frauen, die das betrifft, ihr Verhalten ändern, sich aus dem öffentlichen Raum zurückziehen.

00:05:43: Unsicherer werden.

00:05:44: und hier sollten eben nicht die Opfer ihr Verhalten ändern, sondern die Täter.

00:05:50: Und ich glaube, es ist wirklich wichtig, dass wir als Gesellschaft sagen, bei solchen erheblichen Äußerungen, die eben nicht von dem Straftatbestand der Beleidigungen gedeckt sind, aber ein ähnliches straffwürdiges Verhalten haben, ist gesellschaftlich auch eine Grenze überschritten.

00:06:11: Welches Verhalten meinen Sie genau?

00:06:12: Also sprechen wir über Sprüche.

00:06:14: oder wollen Sie auch verhalten, wie das hinterherpfeifen anzügliche Gesten oder das anstarren Strafbau machen?

00:06:20: Nicht das hinterherpfeifen, auch nicht schiefgegangene Komplimente.

00:06:25: Ich bin mir sehr, sehr sicher, dass unsere Justiz ähnlich wie wir es beim Straftatbestand der Beleidigung ja auch haben, gut auch eben mit den entsprechenden Rechtsbegriffen.

00:06:35: umgehen kann und dass man schon auch weiß, was in Ordnung ist und was nicht, was eben zu einer Belästigung wird, dass Sprache eben quasi auch zu Gewalt wird und dass es hier ja auch eine psychisches Bedrängen gibt, so dass Personen ihr Verhalten ändern.

00:06:53: Das ist vielleicht nicht schön, wenn jemand nachpfeift oder wenn es ein ungewolltes Kompliment gibt, aber das ist noch nicht eine Belästigung in dem Sinne, dass man hier strafrechtlich gegenvorgehen sollte.

00:07:07: Aber in diesem Fall, jetzt sage ich den Begriff vielleicht doch von dem elfjährigen Mädchen, wo ein älterer Mann sagt, ich möchte an deine Muschee fassen, das geht nicht.

00:07:16: Da sind Grenzen überschritten und hier haben wir ein straffwürdiges Verhalten.

00:07:20: Das kann man auch quasi niemandem erklären, dass das nicht strafbar ist.

00:07:27: ist aber quasi jede auch einfache Beleidigung schon.

00:07:31: Hier gibt es und muss es, denke ich, einen gesellschaftlichen Konsens geben, dass so ein Verhalten nicht geduldet wird.

00:07:37: Aber diese Schwelle der Erheblichkeit ist bei so einem Straftatbestand selbstverständlich entscheidend.

00:07:44: Und was wir eben jetzt gerade machen und machen müssen, ist auszudefinieren, wo eben quasi diese straffwürdige Verhalten ist.

00:07:53: Und welche Lücke im Strafgesetzbuch vorliegt, das eine vorliegt, wissen wir eben auch durch diese Entscheidung des Bundeskriegs.

00:08:04: Jetzt ist ja die Diskussion zum Catcall nicht ganz neu.

00:08:06: Sie hatten auch schon eine gewisse Rolle bei den Koalitionsfeindlungen gespielt.

00:08:10: Im Koalitionsvertrag steht wörtlich zur Schließung von Strafbarkeitslücken.

00:08:14: prüfen wir, inwieweit der strafrechtliche Schutz für gezielte, offensichtlich unerwünschte und erhebliche, verbale und nicht körperliche sexuelle Belästigung erweitert werden kann.

00:08:25: Ich bin beim Lesen der Passage über das Wort unerwünscht.

00:08:28: gestolpert.

00:08:29: Ob etwas unerwünscht oder erwünscht ist, ist ja vor allem eine innere Tatsache, die in den meisten Fällen nicht objektiv erkennbar ist.

00:08:36: Da stellt sich doch ein bisschen die Frage, wie man wissen soll, welche Äußerung jetzt noch erwünscht ist und ab wann es unerwünscht wird.

00:08:43: Hat da nicht jeder seine eigene Schmerzgrenze?

00:08:46: Deshalb ist eben gerade die Frage das offensichtlich unerwünscht wichtig, dass es eine Belästigung ist und wann es eine Belästigung ist, das weiß nun auch quasi die Person, die sie vollzieht, die auch einen Vorsatz drauf haben muss.

00:09:03: Von daher darf man dieses offensichtlich bei dem Unerwünschen nicht weglassen.

00:09:08: Und genau hier ist auch ein weiteres Habestandsmerkmal, wo man eine gute Abgrenzung auch ziehen kann zu einem Missglückung-Kompliment.

00:09:20: Aber macht man sich es damit am Ende nicht ein bisschen leicht, wenn man sozusagen die Verantwortung auf die Justiz und auf die Richter überträgt, die dann ja letztlich in der Praxis darüber entscheiden müssen, wo genau diese Grenze zwischen der Plumpen, aber ich sage mal gerade noch sozial tolerierbaren Anmache und einer strafbaren Handlung verläuft?

00:09:37: Also, würdet man den sozusagen nicht diese komplizierten Abgrenzungs Schwierigkeiten auf?

00:09:43: Wir müssen selbstverständlich in einem Gesetzgebungsverfahren und in dem Prozess darüber sprechen, welche Fälle wir genau meinen und wo aus Sicht des Gesetzgebers eben diese Grenze verläuft.

00:09:55: Bestimmte Beispiele habe ich ja auch eben schon genannt.

00:09:59: Ich habe auch gesagt, was aus meiner Sicht unter keinen Umständen eben darunter fällt, dass wir insgesamt abstrakt generelle Tatbestände haben, die auch wie Der Tatbestand der Beleidigung im Übrigen auch im Licht der Zeit und im Licht auch gesellschaftlicher Veränderung anders gelesen und anders geurteilt werden und beurteilt werden.

00:10:19: von der Justiz ist ja quasi nichts Neues, sondern selbstverständlich müssen auch Tatbestandsmerkmale wie bei anderen strafrechtlichen Vorschriften durch das Gesetzgebungsverfahren und in der Zeit weiter noch mal ausdefiniert werden.

00:10:37: Aber sie sind dann ja nicht so star, dass sie nicht auch im Lichte der Rechtsprechung und der Justiz, die sich mit dem konkreten Akt, mit dem konkreten Fall, mit den konkreten Begleitumständen, die ich ja brauche, um das entsprechend dann im Verfahren beurteilen zu können, dass ich das so machen kann.

00:10:55: Jetzt gilt ja gerade im Strafrecht der Bestimmtheitsgrundsatz.

00:10:59: Man muss also ganz genau wissen, welches Verhalten erlaubt ist und was unter Strafe steht.

00:11:04: droht

00:11:04: dieser neue Straftatbestand wegen dieser möglichen Abgrenzungsschwierigkeiten am Ende vom Bundesverfassungsgericht kassiert zu werden, weil dann letztlich doch nicht klar erkennbar ist, welcher Spruch und welches Verhalten erlaubt ist und was nicht.

00:11:15: Davon gehe ich nicht aus, auch gerade weil wir immer wieder parallel zum Straftatbestand der Beleidigung ziehen.

00:11:22: Hier gibt es durchaus einen gesetzgeberischen Spielraum, aber selbstverständlich sind quasi die Leitplanken und die Punkte, die wir im Koalitionsvertrag genannt haben, jetzt nicht abschließen, sondern wir stehen am Anfang eines Verfahrens.

00:11:39: Das wird vom Justizministerium auch gerade geprüft.

00:11:42: Die Bundesjustizministerium hat sich ja auch positiv eben dazu geäußert und gesagt, sie sieht hier auch Handlungsbedarf, wie das genau ausgestaltet wird.

00:11:53: Da wird es einen Vorschlag eben aus dem Justizministerium geben, den wir dann im Parlament voraussichtlich beraten werden.

00:12:02: Von daher gehe ich davon aus, dass wir hier mit einem Gesetzesentwurf, den wir dann öffentlich im Parlament beschließen werden, selbstverständlich alles daran setzen werden, um den Bestimmtheitsgrundsatz zu erfüllen.

00:12:17: Das ist natürlich auch Anspruch des Gesetzgebers.

00:12:20: wichtig für uns ist, dass wir hier die Lücke, die wir identifiziert haben, auch schließen, um generell dieses wichtige Thema, was ja ein Thema ist, gerade auch bei dem Schutz von Frauen, beim Schutz gegen Gewalt gegen Frauen, was in dieser Legislaturperiode ein großes Thema spielt, in Deutschland zu verbessern.

00:12:43: Und wir sehen im Übrigen auch, dass Deutschland hier ja kein Vorreiter ist, sondern viele Länder um uns herum einen entsprechenden Straftatbestand schon eingeführt haben.

00:12:53: In Frankreich, in Spanien, auch in den Niederlanden oder in Portugal besteht so ein Straftatbestand.

00:13:00: Ich denke, dass wir gut gehalten sind in Deutschland auch darüber zu diskutieren und am Ende dann zu einem guten Ergebnis zu kommen.

00:13:09: Jetzt hat die rechtspolitische Sprecherin der CDU-CSU-Bundestagsfraktion Susanne Hiel ihren Vorschlag bereits abgelehnt und von Symbolgesetzgebung gesprochen.

00:13:19: Sie meint, dass in der Praxis eben nicht durchsetzbare Regelungen dem Betroffenen am Ende nicht weiterhelfen.

00:13:24: Wichtig sei stattdessen ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass solche verbalen Belästigungen schlicht inakzeptabel sind und die soziale Missbilligung solcher Verhaltensweisen.

00:13:34: Wie realistisch ist vor dem Hintergrund die Umsetzung des Gesetzgebungsvorhabens?

00:13:37: Sie haben gerade gesagt, der Entwurf fliegt gerade beim Justizministerium, das ist SPD geführt.

00:13:43: Damit das Gesetz Erfolg hat, braucht es eine Mehrheit im Parlament und damit auch die Zustimmung der anderen Fraktion, zum Beispiel ihres Koalitionspartners.

00:13:51: Ist es wirklich realistisch, dass es angesichts dieser Kritik zu diesem Gesetz kommen wird?

00:13:56: Die rechtspolitische Sprecherin der Union und wir sind da gar nicht weit auseinander.

00:14:01: Niemand von uns möchte Symbolgesetzgebung.

00:14:03: Wir wollen eine Regelung, die in der Praxis handhabbar ist und auch wirkt.

00:14:09: und selbstverständlich ist ein... eine Schaffung, eine Straftatbestand, niemals Ersatz für einen gesellschaftlichen Diskurs und eine gesellschaftliche Debatte.

00:14:19: So was muss quasi ineinandergreifen und auch parallel laufen.

00:14:24: Wir haben beide Interesse daran, dass wir die Regelung aus dem Koalitionsvertrag eben gut umsetzen, dass wir diese Strafbarkeitslücke schließen und wie wir das tun.

00:14:34: Darüber diskutieren wir gerade.

00:14:37: Aber trotzdem hat sie doch inhaltlich auch ein Punkt.

00:14:39: Also wenn sie sagt, dass es sozusagen wichtiger sei, ein gesellschaftliches Bewusstsein dafür zu schaffen, juristisch gesprochen könnte man auch sagen, dass damit eher der Ultima Ratio Funktion der Strafrechts gerecht wird und eben der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt wird, wenn man diesem Verhalten möglicherweise eher auf sozialer Ebene begegnet.

00:14:57: Hat sie da nicht ein Punkt?

00:14:58: Man muss definitiv diesen Verhalten auf sozialer Ebene begegnen und wir müssen darüber reden, was in Ordnung ist und was nicht und was zu tolerieren ist und was nicht.

00:15:10: Und gleichzeitig gehört es zu einem Rechtsstaat auch dazu, auszudefinieren, wo Grenzen gezogen werden müssen, was tolerabel ist, was vielleicht nicht schön ist, was erlaubt ist und was dann eben auch die Grenze vom straffürdigen Verhalten überschreitet, wie beim Straftatbestand der Beleidigung ja eben auch.

00:15:33: Und ich glaube, dass tatsächlich der Fall des elfjährigen Mädchens sehr eindeutig dafür ist, dass das ein Verhalten ist.

00:15:41: was wir nicht tolerieren können, was wir uns auch nicht, was wir nicht unseren Kindern quasi zumuten wollen und auch nicht jungen Frauen oder jungen Männern, sodass sie ihr Verhalten ändern und sich zurückziehen, hier wirklich psychisch dadurch belästigt sind, dass diese Erheblichkeitsschwelle ausdefiniert sein muss und dass sie hoch sein muss.

00:16:04: Da besteht kein Dessens zwischen dem Koalitionspartner und uns.

00:16:10: Sie haben gerade schon gesagt, dass es Bratzländer gibt, in denen das sogenannte Cat Calling strafbar ist, z.B.

00:16:14: die Niederlande.

00:16:16: Da steht bald eine Evaluation an.

00:16:18: Werden Sie die Ergebnisse dieser Evaluation auch in Ihre Überlegung einbeziehen?

00:16:22: Selbstverständlich.

00:16:23: Ich glaube, dass das immer wichtig ist, auch Rechtsvergleichen zu gucken, in andere Länder zu gucken, gerade natürlich im europäischen Kontext, wo wir im Rechtssystem noch näher beieinander sind.

00:16:35: Und ich habe auch großes Vertrauen in das Justizministerium und die guten Juristen, dass sie das eben machen.

00:16:41: Wir werden das im Parlament sicherlich auch machen und unsere Überlegungen mit einbeziehen.

00:16:46: Das war Sonja Eichwede, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD.

00:16:50: Vielen Dank für das Gespräch.

00:16:52: Ich danke Ihnen.

00:16:57: Die Geheimnis-Krämerei hat ein Ende.

00:16:59: Seit vergangener Woche wissen wir, wen die SPD als Ersatzkandidaten für Frau Gebrosius Gersdorf ins Rennen für die Richterwahl am Bundesverfassungsgericht schickt.

00:17:09: Wochenlang hatte die Gerüchteküche ja ziemlich gebrodelt.

00:17:12: In der Öffentlichkeit kursierten zwischenzeitlich Namen wie die SPD-Politikerinnen Katharina Bale, die aktuelle Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments ist.

00:17:21: oder die ehemalige Innenministerin Nancy Faeser.

00:17:25: Dann hieß es, die SPD wollte den Posten am liebsten mit einer weiblichen Rechtsprofessoren nachbesetzen.

00:17:31: Und der Name, den die Sozialdemokraten jetzt präsentiert haben, den hatten wohl die wenigsten auf ihrem Zettel.

00:17:38: Die Kandidaten kommen nämlich weder aus der Politik noch aus der Wissenschaft, sondern aus der Justiz.

00:17:43: Die Wahl fiel nämlich auf Sigrid Emmenegger.

00:17:46: Ja, das ist ein Name, den die meisten wahrscheinlich erst einmal googeln mussten, denn Sigrid Emmenegger ist in der breiten Öffentlichkeit bisher noch nicht wirklich in Erscheinung getreten.

00:17:57: Ein Grund dafür ist sicherlich auch ihr Beruf, denn sie ist im Gegensatz zu Frau Kubrosius Gerstdorf keine Rechtsprofessorin, sondern Richterin.

00:18:05: Und das gehört gewissermaßen ja zum Berufsetos von Richtern, dass sie sich in öffentlichen Debatten eher zurückhalten.

00:18:12: Alles andere würde sie befangen machen, wenn sie später über einen entsprechenden Fall entscheiden müssten.

00:18:18: Aber lieber Finn, was ist denn sonst noch über die neue Kandidatin der SPD bekannt?

00:18:23: Ja, nicht wahnsinnig viel muss man dazu sagen.

00:18:25: Sigrid Eminega ist forty-eight Jahre alt und kommt aus Freiburg.

00:18:29: Aktuell ist die Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, genauer gesagt im Elften Revisionsenat, den man auch Energiesenat nennt.

00:18:37: Da geht es wenig überraschend um Energiesachen, also zum Beispiel um Genehmigung für den Bau von Energieleitungen.

00:18:43: Aber vielleicht mal der Reihe nach.

00:18:45: Jura studiert hat Sigrid Emmenegger an ihrer Geburtsstadt in Freiburg an der Albert-Gutwächs-Universität.

00:18:51: Für ihr referentariat zog sie dann nach Rheinland-Pfalz.

00:18:54: Und da startete sie dann auch ihre inzwischen achtzehn Jahre langer Richterlaufbahn.

00:18:59: Zuerst im Verwaltungsgericht in Koblenz.

00:19:01: Später am Verwaltungsgericht Mainz und Neustadt an der Weinstraße.

00:19:06: Es folgte eine Station am OVG Rheinland-Pfalz in Koblenz.

00:19:12: In dem Jahr für Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichts Koblenz ernannt.

00:19:17: Im Jahr im Jahr ist der Wechsel nach Leipzig zum höchsten deutschen Verwaltungsgericht, dem Bundesverwaltungsgericht.

00:19:25: Wissenschaftlich

00:19:26: ist

00:19:27: Sigrid Eminega bislang noch nicht sehr stark in der Scheinung getreten.

00:19:30: Sie hat also jetzt nicht wahnsinnig viel veröffentlicht.

00:19:33: Sie ist allerdings an Kommentaren zum Verwaltungsverfahrensgesetz und zur Verwaltungsgerichtsordnung beteiligt.

00:19:39: Man könnte also sagen, eine Verwaltungsrechtlerin durch und durch.

00:19:43: Wie man so hört, ist Sigrid Eminega eine allseits geachtete Fachfrau und somit für das Amt in Karlsruhe wohl bestens qualifiziert.

00:19:51: Das zeigt auch ihre Promotion.

00:19:53: Im Jahr zwei Tausendfünf wurde sie an ihrer Alma Mater, der Albert Ludwigs Universität in Freiburg mit einer Arbeit zum Thema Gesetzgebungskunst promoviert.

00:20:04: Und die Arbeit wurde als eines der juristischen Bücher des Jahres gewürdigt.

00:20:09: So sieht es aus und eine ganz interessante Randnotiz ist vielleicht, dass ihr Doktorvater, der spätere Präsident des Bundesverfassungsgerichts war, nämlich Andreas Foskule.

00:20:22: Denn auch Andreas Foskuhle war seinerzeit überraschend von der SPD vorgeschlagen worden.

00:20:28: Bei ihm hat Sekret Emenega das Bundesverfassungsgericht auch schon aus nächster Nähe kennengelernt.

00:20:33: Von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von dem Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von

00:20:41: der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Jahr von der Ebenfalls eine Schülerin von Andreas Foskulle ist.

00:20:52: Die hat nämlich im Jahr, also ein Jahr vor, Sigrid Emeneger ebenfalls bei Foskulle in Freiburg promoviert.

00:20:59: Ja, wie ist die Nominierung von Sigrid Emeneger einzuordnen?

00:21:02: Man kann die Ersatzkandidaten sicherlich als eine Art deeskalierenden Schritt der Sozialdemokraten bezeichnen.

00:21:09: Denkbar wäre ja auch gewesen, dass die SPD in dem Richterstreit mit der Union nachlegt und wie es unser Kollege Reinhard Müller in seinem Kommentar für unsere Zeitung geschrieben hat, eine Top-Genossen mit eingebaute Agenda nachnominiert und so die Union in die Pridulje bringt.

00:21:26: Interessant wird ja sein, ob und in welchem Feld die SPD stattdessen ihren Gutschein einlösen wird.

00:21:32: Denn in der Tat gibt es auch rund eine Woche nach der Bekanntmachung der Personalie keine Anhaltspunkte dafür, dass die Freiburger Juristin kontroverse Position vertritt, die in den Reihen der Union auf Widerstand stoßen könnten.

00:21:47: Eine Wahlemmenegas stärkte im Übrigen auch die berufsrichterliche Bankenkarlsruhe.

00:21:52: Im Bundesverfassungsgerichtsgesetz steht, dass mindestens drei von acht Richtern pro Senat zuvor als Bundesrichter tätig gewesen sein müssen.

00:22:01: Im zweiten Senat, für den Siegritt Emmenegger in Frage kommt, ist diese Quote bereits erfüllt.

00:22:07: Und aus den Reihen der Union ist aktuell auch mit keinem wirklichen Widerstand zu rechnen.

00:22:12: Was sicherlich auch daran liegt, dass der Vorschlag mit der Fraktionsführung abgestimmt war und in einem Schreiben der parlamentarischen Geschäftsführer der SPD und der Unionsfraktion.

00:22:22: Dirk Wiese und Stefan Bilge heißt es, die Fraktionsführung hätten jeweils im persönlichen Gespräch ein sehr positives Bild von Eminega gewinnen können und sein von ihrer persönlichen und fachlichen geeignetheit für das Amt überzeugt.

00:22:36: Und auch Jens Spahn hat sich inzwischen öffentlich geäußert und bezeichnet die Freiburger Juristin als einen hervorragenden Vorschlag.

00:22:44: Er trotzdem, muss man sagen, ist die Wahl nicht ganz ohne politisches Risiko, denn selbst wenn Union und SPD dieses Mal geschlossen hinter der Kandidatin stehen, reicht das noch nicht aus, damit Ermenega tatsächlich gewählt wird.

00:22:58: Denn, wie wir wissen, ist dafür im Bundestag bekanntlich eine Zweidrittelmehrheit nötig, also auch die Stimmen der anderen Fraktion.

00:23:06: Und Vertreter der Grünen und Linken zeigen sich nach Bekanntgabe der Personalie schon verärgert, weil sie nicht früher über die neue SPD-Kandidatin informiert wurden.

00:23:17: So sagte zum Beispiel Clara Bünger von den Linken, wörtlich, es gebe keinen Automatismus für ihre Zustimmung.

00:23:24: Es bleibt also spannend.

00:23:26: Ob und mit welchen Stimmen die Richterkandidatin dann tatsächlich gewählt wird, der Richterwahlausschuss tagt jedenfalls am kommenden Montag, so ist es jedenfalls zu vernehmen.

00:23:38: Und wenn das Gremium dann eine Mehrheit findet, könnte im Bundestag noch in derselben Woche am Donnerstag über das Personalpaket abgestimmt werden.

00:23:46: Denn es steht ja auch noch die Wahl der beiden anderen Kandidaten für das Bundesverfassungsgericht aus.

00:23:51: Das ist zum einen der von der Union aufgestellte Bundesarbeitsrichter Günther Spinner und die bereits erwähnte und ebenfalls von der SPD nominierte Staatsrechtlerin Ann-Kathrin Kaufold.

00:24:03: Und unklar ist aktuell auch noch, ob Sigrid Emeneger in Anführungszeichen nur einfache Verfassungsrichterin wird oder ob sie auch Vorsitzende des zweiten Senats werden soll und Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgericht.

00:24:17: Das war so ja für Frau Kubrosius-Gerstorff einmal vorgesehen, ob das jetzt eben auch für Sigrid Emeneger gilt, ist zumindest bislang in der Öffentlichkeit nicht bekannt.

00:24:28: Und wie auch immer das weitere Verfahren.

00:24:29: Und die Wahlen dann schlussendlich ausgehen, hören Sie natürlich hier bei uns im Podcast.

00:24:38: Seit mehr als einem Jahr wird der Führungsriege der sogenannten Gruppe Reus am Frankfurter Oberlandesgericht der Prozess gemacht.

00:24:45: Das Strafverfahren gilt als eines der größten Staatsschutzverfahren der deutschen Nachkriegsgeschichte, ein Ende in dem Mammutprozess für den aus Platzgründen sogar eine eigene Halle gebaut werden musste, ist zwar noch nicht in Sicht.

00:24:57: In dem Verfahren passiert aber so viel, dass wir sie hier im Podcast immer wieder über den aktuellen Stand informieren wollen.

00:25:04: Und genau das machen wir heute auch, denn diese Woche gibt es einen ganz besonders spannenden Verhandlungstag.

00:25:09: Und über den spreche ich jetzt mit meinem Kollegen

00:25:12: Jonas Wagner.

00:25:12: Hi Jonas.

00:25:13: Hi Finn.

00:25:14: Ja, bevor wir über den besagten Verhandlungstag am Mittwoch sprechen, den du vor Ort auch beobachten

00:25:19: wirst, hol uns doch vielleicht

00:25:21: nochmal kurz ab und erzähl, was nochmal die Gruppe Reus

00:25:24: ist und worum

00:25:24: es in dem Prozess eigentlich geht.

00:25:26: Sehr gern.

00:25:27: Ich versuche es kurz zu fassen, die Gruppe Reus.

00:25:30: Das ist eine Reichsbürgergruppe.

00:25:32: rund um den adeligen Heinrich Prinz XIII.

00:25:35: Reus.

00:25:36: Die angeklagt sind wegen mehrerer Punkte.

00:25:39: Das Wichtigste ist, dass sie einen Umschutz geplant haben sollen.

00:25:43: Das heißt, sie wollten das System der Bundesrepublik stürzen und sollen sich in einer terroristischen Vereinigung zusammengeschlossen haben mit dem Ziel, das geht von diversen Verschwörungstheorien, an denen sie geglaubt haben sollen, bis hin zu konkreten Vorbereitungen, zum Beispiel den Bundestag ausgespielt haben zu sollen und so weiter und so fort.

00:26:01: Es laufen insgesamt drei Prozesse gegen die wichtigsten Angeklagten, gegen die Rädelsführer, dann noch einen vorm Oberlandsgericht Stuttgart und einer in München.

00:26:11: Ich habe es gerade schon gesagt, am Mittwoch ist ein ganz

00:26:14: besonders spannender

00:26:15: Prozesstag.

00:26:15: Da gibt es nämlich

00:26:16: eine interessante

00:26:17: Beweisaufnahme.

00:26:18: Du selbst wirst ja live vor Ort sein

00:26:20: und darüber berichten,

00:26:21: was genau passiert da.

00:26:23: Genau, am Mittwoch ist es spannend, weil dort ein Zeuge geladen ist, der selber als Angeklagter vor dem Oberlandsgericht Koblenz vor Gericht stand.

00:26:31: In Koblenz wurden die sogenannten Vereinten Patrioten angeklagt.

00:26:35: Das ist eine andere Reichsbürgergruppe und am Mittwoch im Prozess hier in Frankfurt wird es sehr wahrscheinlich darum gehen, zumindest das meinte Mutmaßung, was die Verbindungen zwischen der Gruppe Reus auf der einen und den Vereinten Patrioten auf der anderen Seite sind oder gewesen sein sollen.

00:26:50: Vereinte Patrioten,

00:26:51: da klingelt es so ein bisschen, aber vielleicht auch da nochmal so ein bisschen Hintergrund wissen, was genau hat es mit denen nochmal auf sich?

00:26:56: Genau, ich glaube, das Stichwort, was den meisten hören, was sagen wird, ist die sogenannte Lauterbach-Entführung oder die geplante Lauterbach-Entführung.

00:27:04: Die Gruppe soll versucht haben, den damaligen Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen aus einer Talkshow, sehr öffentlichkeitswirksam.

00:27:10: Sie wollten im Vorfeld einen bundesweiten Stromausfall herbeiführen.

00:27:14: Und dann, das wäre Stufe eins, Stufe zwei, die Entführung des Gesundheitsministers.

00:27:18: Und Stufe drei wäre dann gewesen, auch einen Umsturz auszurufen und das Parlament zu stürmen, eine neue Regierung einzusetzen.

00:27:26: Einer der Hauptangeklagten in Koblenz ist eben am Mittwoch im Gericht in Frankfurt als Zeuge geladen.

00:27:32: Weißt man schon genau, wer es sein wird, wer der Aussagen wird?

00:27:34: Hast du da schon Verdacht oder ist das öffentlich bekannt?

00:27:37: Das ist noch nicht bekannt.

00:27:38: Das wurde mir auch nicht im Vorhinein gesagt.

00:27:40: Deswegen muss ich mich da überraschen lassen.

00:27:43: Jetzt hast du vorhin schon gesagt, es

00:27:44: gibt um eine Verbindung zwischen den beiden Reisbügergruppen.

00:27:47: Konkret dreht sich ja vieles um ein ominöses Treffen, das stattgefunden haben soll.

00:27:51: Was genau war das für ein Treffen?

00:27:52: Was soll da passiert sein?

00:27:54: Genau, ist ganz spannend.

00:27:54: Vielleicht einen Schritt zurück zu den Verbindungen zwischen den beiden Gruppen.

00:27:58: Es war so, dass die Ermittler erst gegen die Vereinten Patrioten ermittelt haben.

00:28:01: Also gegen diejenigen, die jetzt in Koblenz verurteilt worden sind.

00:28:05: Da sind noch weitere Prozesse anhängig in verschiedenen anderen Orten.

00:28:09: Aber die Railsführer wurden eben schon verurteilt in Koblenz.

00:28:12: Und einer, der dort verurteilt wurde von verdeckten Ermittlern beobachtet.

00:28:17: Und er hat sich eben mit zwei Leuten getroffen, die der Gruppe Reus zugerechnet werden und auch mit der Gruppe Reus vor Gericht stehen.

00:28:23: einer in Frankfurt, der andere, ich glaube, in Stuttgart.

00:28:26: Und die beiden sollen einen der Koblenzer verurteilten, eh, in den Parkplatz in Bayern getroffen haben.

00:28:34: Es ging nämlich da um die Rekrutierung von Personal für einen geplanten oder mutmaßlich geplanten Reichstagssturm der Gruppe Reus.

00:28:42: Du hast schon gesagt, das Treffen offenbart,

00:28:44: ja, dass es

00:28:45: gewisse Verbindungen zwischen den beiden Reisbürgergruppen gab.

00:28:48: Würdest du sagen, dass es so ein bisschen mehr zeigt,

00:28:51: dass

00:28:51: das Reichsbürger nicht nur verschiedene Splittergruppen sind, die so ein bisschen unabhängig voneinander organisieren, sondern dass es eine Vernetzung, eine übergeordnete Organisation gab?

00:28:59: Oder würdest du eher sagen, dass es ein Einzelfall war?

00:29:02: Auf jeden Fall Ersteres.

00:29:03: Also man sieht immer wieder, es gab auch in den letzten Monaten immer wieder Meldungen, mal größere, mal kleinere von weiteren Festnahmen.

00:29:09: Vor gar nicht allzu langer Zeit von ein paar Monaten gab es eine weitere Meldung, dass es mutmaßlich noch einen anderen Teil der Gruppe Reus geben soll, was man... obwohl der Prozess schon lief, die Prozesse schon liefen, noch nicht wusste bis dahin.

00:29:20: Ich glaube, was diese Gruppen zusammenhält, ist einmal die, ja, man kann schon sagen, Ideologie, also das Reichsbürger-Tuben, das hat sehr viele Facetten und ist sehr heterogen in sich.

00:29:29: Man kann im Wesentlichen sagen, dass viele von denen nicht daran glauben, dass Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg eine Verfassung gekommen hat und immer noch an die Verfassung des deutschen Kaiserreis von Achtzehn-Ein-Siebzig glauben oder davon ausgehen, dass wir immer noch streng genommen in diesem Rechtssystem leben.

00:29:43: Das ist schon so ein Connect zwischen den verschiedenen Gruppen, würde ich sagen.

00:29:46: Aber man sieht eben an dem Beispiel, was jetzt vor dem OLG Frankfurt verhandelt wird, also eben die Connections zwischen den vereinten Patrioten und der Gruppe Reus, sieht man auch, dass es an einzelnen Personen... ganz handfeste Verwendungen gab zwischen den Gruppen.

00:29:59: Was würdest du vermuten?

00:30:00: Also du hast ja gerade schon gesagt, so wirklich viel

00:30:02: ist noch nicht bekannt darüber, wer am Mittwoch

00:30:04: jetzt

00:30:05: tatsächlich zur Aussage nach Frankfurt kommt, wer der Aussage wird und worum es möglicherweise gehen wird.

00:30:10: Aber

00:30:10: trotzdem hypothetisch gesprochen, welche Bedeutung könnte die Aussage am Mittwoch für das weitere Verfahren jetzt in dem Reus-Prozess haben?

00:30:18: Es kann sehr gut sein, denke ich, dass es um die geplante Auskundschaftung des Bundestags durch die Gruppe Reus bislang durch einige von denen geht.

00:30:29: Das war nämlich einen Punkt dieses Parkplatztreffens, was du vorhin angesprochen hast, was ich kurz ausgeführt hatte.

00:30:34: Die haben noch Mut maßlich, so wird es zumindest vorgerichtigen Koblenz gesagt, nach zehn Zitat-Kampf-erprobten Männern

00:30:41: gesucht,

00:30:42: die mit denen bereit sind, den Reichstag zu stürmen, um eben einen Umsturz herbeizuführen.

00:30:47: Und das ist, glaube ich, schon ein Zeichen der Vernetzung.

00:30:50: Und ich glaube, das dürfte eine Rolle spielen, weil es ja aus Sicht des Frankfurter Oberlandsgerichts schon sinnvoll ist oder notwendig ist, den Verdacht zu erhärten, wie nah an der Stürmung des Reichstags waren die wirklich dran.

00:31:03: Da gab es auch einen anderen Vorfall, die haben auch schon den Reichstag ausgekundschaftet.

00:31:07: Da wurden Beweise eingeführt, da wurden Bilder gezeigt, da wurden Videos gezeigt von einzelnen der Angeklagten, die sich im Reichstag und im Bundestagsgebäuden bewegt hatten und dort entsprechend gefilmt fotografiert hatten.

00:31:17: Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Zeugenaussage des Koblenz verurteilten, morgen dazu dienen soll, das nochmal... weiter zu elaborieren und zu gucken, wie ernst haben die es wirklich gemeint mit ihrem Plan, den Bundestag zu stürmen?

00:31:31: Jetzt hast du das Ausspähen des Bundestages durch der Mitglieder der Gruppe Reus schon angesprochen.

00:31:36: Dazu fand die Beweisaufnahme schon statt, die du ja auch live im Gerichtsaal verfolgt hast.

00:31:40: Kannst du da nochmal ein paar Einblicke geben?

00:31:42: Also wer genau hat da was ausgesagt und wie konkret oder wie genau lief diese diese Ausspähungen dann tatsächlich ab?

00:31:49: Sehr gerne, das war total spannend, der Prozesstag.

00:31:51: Da war als Zeuge geladen, ein Bundestagspolizist, der auch schon sehr lange dort in der Position dient.

00:31:58: Und der hat dann ein bisschen erzählt von den Sicherheitsverkehrungen im Bundestag.

00:32:02: Und man hat sehr schnell gemerkt, er kennt die Gebäude dort so ein bisschen wie seine eigene Westentasche.

00:32:07: Also der hatte wirklich sehr viel Ahnung, was man auch daran gemerkt hat, dass dann nämlich parallel, während seiner Aussage, wurden eben die von mir gerade erwähnten Aufnahmen gezeigt, da liefen dann... Dutzende oder sogar hunderte Fotos und Videos wurden dort gezeigt auf den Bildschirm, die eben einige der Angeklagten gemacht hatten, als sie im Reichstag und im Bundestagsgebäuden unterwegs waren.

00:32:28: Und da waren viele Wegweiser zu sehen, da waren viele Gänge zu sehen, da waren viele Aufzüge und Treppenhäuser zu sehen.

00:32:34: Und besagt der Bundestagspolizist, der im Zeugenstand saß, hat quasi ... Bei jedem Bild, in der Regel innerhalb von Sekunden sofort sagen können, das ist zum Beispiel das Paul Löbehaus, welcher Flügel, welche Etage und hat immer auch ganz genau auf Nachfrage sagen können, woran er das festmacht.

00:32:48: Zum Beispiel, was auf den Schildern steht, was man in der Spiegelung sieht, eine Kantine zum Beispiel, der konnte sehr gut immer sagen.

00:32:57: wo man sich gerade befindet auf diesen Aufnahmen, die dort gezeigt wurden.

00:33:00: Das war sehr beeindruckend.

00:33:01: Besonders pikant an dieser Tour durch den Bundestag,

00:33:05: will ich jetzt mal

00:33:05: sagen, ist ja die Tatsache, dass als Tour-Guide, wenn man so will, die ehemalige Richterin und AfD-Bundestags-Abgeordnete Birgit Meysack-Winkemann fungiert hat.

00:33:14: Kannst du zu ihr noch ein, zwei Sätze

00:33:16: sagen, welche Rolle hat die in der Gruppe Reus

00:33:18: gespielt?

00:33:18: Die ist ja, so was ich weiß, auch vom ORG Frankfurt angeklagt.

00:33:21: Genau, das stimmt.

00:33:22: Und von allen, was man bisher weiß, was der Prozess bislang tut.

00:33:26: auch die Ermittlungen, würde ich sie als sprichwörtlich, aber auch im Wortsen der Tür öffneren bezeichnen.

00:33:33: Was sie eben gemacht hat, war, darum ging es auch in den Prozesstag mit den Bundestagspolizisten, sie hat eben dafür gesorgt, dass einige Mitglieder der Gruppe Reus in den Bundestag gelangen konnten und sich dort umschauen konnten.

00:33:44: Das an sich ist erst mal noch nicht strafbar und noch nicht ungewöhnlich.

00:33:47: Sie hat denen quasi die Tür geöffnet und die Leute konnten sich dann dort umschauen.

00:33:52: und eben ihre Auskundschaftungen dort vornehmen.

00:33:54: Das ist immer ganz spannend, weil die Verteidigung gerne sagt, das ist so ein bisschen das Hauptargument, ja gut, eine Bundestagsführung, habe ich gerade auch erwähnt, ist erstmal nichts Ungewöhnliches, das machen Abgeordnete tagtäglich.

00:34:05: Es gibt auch andere Besucherführungen über nicht Abgeordnete im Bundestag.

00:34:10: Aber was eben der Punkt der Verteidigung war, war zu sagen, ja gut, das ist eine normale Führung, die wollen sich ja dort umschauen, ist doch nicht verwerflich.

00:34:16: Und spätestens, wenn man diese Videos und Fotos gesehen hat, die dann dort angefertigt wurden, war zumindest mein Eindruck und auch der Kollegen vor Ort, meinem Gefühl nach, dass das Argument nicht wirklich trägt, weil man eben zu, ich würde sagen, mindestens achtzig Prozent Sachen gesehen hat, die aus der touristischen Sicht total irrelevant sind.

00:34:36: Also eben Versorgungsgänge, teilweise Tiefgaragen, wo man eigentlich auch nicht hingehen sollte als Besucher, Hinweisschilder, Aufzüge, Treppenhäuser, lange Gänge und es wirkte schon eher... Ja, auch ein bisschen erschreckend wie eine Auskundschaftung und nicht wie so ein klassisches, ich gehe in den Bundestag und mache mal Fotos, weil es spannend wie der Politikbetrieb von innen aussieht.

00:34:54: Wenn du so eine vorsichtige Prognose wagen müsstest,

00:34:56: also

00:34:57: wir haben jetzt auf der einen Seite dieses ominöse

00:34:59: Treffen zwischen den Vereinen Patrioten und der Gruppe Roy's, in denen ganz konkret schon

00:35:03: eben

00:35:04: Menschen rekrutiert wurden, um den Bundestag zu stürmen

00:35:06: und auf der anderen

00:35:07: Seite dieser Ausspehung des Bundestages.

00:35:10: Glaubst

00:35:10: du,

00:35:11: dass die Gruppe tatsächlich das Reichstagsgebäude gestürmt

00:35:14: hätte?

00:35:15: oder würdest du eher sagen, das ist so eine reine gedankliche Spinnerei geblieben und war eher so eine Art theoretischer Adrenalinkick.

00:35:23: Es ist natürlich schwer zu beurteilen und da müsste ich mich weit aus dem Fenster lehnen.

00:35:26: Ich glaube aber schon, dass viele Indizien dafür sprechen, dass sie das schon ganz konkret vorhatten.

00:35:32: Also ich meine, allein dieses Treffen, worüber wir gesprochen haben mit den anderen Leuten der vereinten Materialien auf dem Parkplatz, wo sie eben weitere Kämpfer rekrutieren wollten, zeigt ja schon ein bisschen, dass zumindest einzelne Mitglieder der Gruppe Reus das schon mutmaßlich sehr ernst gemeint haben.

00:35:48: Und auch, dass sie im Bundestag waren übrigens nicht nur einmal.

00:35:51: Manche Leute waren dort mehrmals, diese Aufnahmen, die dort gezeigt wurden vor Gericht, waren nicht auf einen Tag datiert.

00:35:56: Das heißt, sie sind schon sehr systematisch vorgegangen und haben da sehr viel... wahrscheinlich für sich quasi kartiert, mithilfe von Fotos und Videos.

00:36:05: Und ich glaube schon, das würde mir schon anmaßend zu glauben, dass Sie den Bundestag ernsthaft auskundschaften wollen.

00:36:11: Inwiefern Sie es realistisch empfunden haben, den wirklich stürmen zu können, das wage ich nicht einzuschätzen.

00:36:18: Ich glaube, das wird auch noch hoffentlich im Laufe des Prozesses klarer werden, aber dass die Planungen mehr als nur so ein abstraktes Gedankenbilde waren, dass finde ich dich schon auf der Hand.

00:36:29: Du hast dir in dem Prozess auch die Strategie der Strafverteidiger

00:36:31: genauer angeschaut.

00:36:32: Was ist dir da aufgefallen?

00:36:34: Mein Eindruck war, dass die Verteidigung schon bei zumindest vielen Angeklagten versucht, den Eindruck zu erwecken.

00:36:42: Es sei ein bisschen abgedrehte, aber eigentlich im Grunde harmlose Rentner.

00:36:46: Das trifft vor allem auf die Verteidigung von Herrn Reus zu, wo eben oft gesagt wird, er ist halt so ein bisschen abgedriftet, aber man hatte eigentlich einen vielen, der ... mit vielen Punkten des theoretischen Überbaus, also der Reichsburger Ideologie gar nicht so viele Berührungspunkte, sondern hat sich so ein bisschen mitreißen lassen.

00:37:03: Aber er wollte nie ernsthaft diesen Staat abschaffen.

00:37:06: Er wollte nie ernsthaft einen Umsturz herbeiführen.

00:37:08: Ähnlich ist es auch bei anderen Angeklagten.

00:37:10: Also ich habe schon das Gefühl, dass die Verteidigung oft probiert, sich darauf zurückzuziehen zu sagen, schaut mal, das sind ältere Herrschaften zum ganz großen Teil.

00:37:19: Und klar, viele von denen waren im Militärvorher tätig, haben Waffenerfahrung, haben Kampferfahrung.

00:37:23: Aber trotzdem, sie haben so absurde Sachen geglaubt, irgendeine Allianz zuschlägt.

00:37:27: Sie haben versucht, Putin als Zeugen vorzuladen, vor Gericht.

00:37:30: Also ich hab schon das Gefühl, dass versucht wird, so ein bisschen den Punkt zu machen, dass es eigentlich eher so ein bisschen Leute waren, die halt in ihrer Gedankenwelt, in ihrer Ideologie abgedriftet sind, bei vielen verstärkt durch die Corona-Pandemie und die Maßnahmen dagegen.

00:37:44: Aber dass sie im Grunde Harnbus waren, dass sie quasi nie von sich selbst aus aktiv den Staat angegriffen hätten.

00:37:50: oder vielleicht

00:37:50: sogar

00:37:51: als Schuldunfähig gelten können vor Gerichten.

00:37:53: Also

00:37:53: weißt du, ob es dazu auch Sachverständigen-Gutachten

00:37:55: gibt,

00:37:55: die sozusagen darauf abzielen,

00:37:57: aufgrund dieser Absurdität,

00:37:58: die du gerade alle aufgezählt hast, in Frage zu stellen, dass sie überhaupt schuldfähig sind?

00:38:02: Da bin ich mir nicht ganz sicher.

00:38:03: tatsächlich, weil ich auch nicht jeden Tag ein Gericht dabei war.

00:38:06: Ich glaube nicht, aber würde ich meine Hand finde ich ins Feuer legen.

00:38:11: ist schon absehbar, wie es in dem Verfahren weitergeht.

00:38:13: Vor allem, wie lange

00:38:14: der Prozess noch dauert und vielleicht

00:38:16: sogar schon in welche

00:38:16: Richtung der

00:38:17: möglicherweise

00:38:19: geht, wie er ausgehen könnte.

00:38:20: Mein Erkenntnis nach nicht.

00:38:22: Der Prozess hat sich bislang schon sehr zäh gestaltet.

00:38:26: Die Einlassungen waren teilweise sehr lang.

00:38:28: Ich glaube, einer der Angeklagten hier in Frankfurt hat alleine in seinen persönlichen Einlassungen mehr als zwei oder drei Prozess-Tage geredet.

00:38:35: Den wird sehr viel Raum gelassen da und dementsprechend ist nicht jeder Prozess-Tag... Spannend, aber viele sind dann doch irgendwie eindrücklich.

00:38:43: Aber ich finde es schwer abzuschätzen, wie lange es noch dauern wird, weil auch immer noch weiter ermittelt wird.

00:38:48: Es kam auch am Anfang des Prozesses hier in Frankfurt nochmal zu neuen Beweisen, die in den Prozess eingeführt worden sind, die erst erhoben worden sind, als es schon losgegangen war.

00:38:57: Das heißt, ich finde es schwer abzuschätzen, wie lange man noch damit rechnen muss.

00:39:01: Ich denke, es wird schon auch einige Prozesse da gedauern, dass man da irgendeine Richtung absehen kann.

00:39:06: Bislang hat der Senat jedenfalls

00:39:07: alle Anträge auf Bändigung der Untersuchungshaft für die Angeklagten abgelehnt, was ja schon so ein bisschen darauf hindeutet, dass

00:39:12: er eine Verurteilung

00:39:13: für wahrscheinlich erhält als ein freies Spruch.

00:39:16: Wir behalten den Prozess

00:39:17: auf jeden

00:39:17: Fall weiter im Blick.

00:39:18: Dir

00:39:18: lieber Jonas, wünsche ich morgen auf jeden

00:39:20: Fall einen interessanten Verhandlungstag im Frankfurter Oberlandesgericht.

00:39:23: Danke, dass du bei uns im Podcast warst.

00:39:25: Vielen Dank.

00:39:30: Unser gerechtes Urteil ist in dieser Woche streng genommen, ein gerechter Beschluss.

00:39:35: Und der kommt aus dem Sauerland vom Landgericht Ahnsberg.

00:39:39: Finn, sag mal, worum geht's da?

00:39:41: Ja, das Sauerland, das ist nicht nur für seine schönen Landschaften bekannt, sondern es ist auch die Heimat unseres Bundeskanzlers.

00:39:48: Und dort, nämlich genauer gesagt in Menden, fand im Januar eine Wahlkampfveranstaltung statt, auf der Friedrich Merz dann auch selbst aufgetreten ist.

00:39:57: Damit hatten dann aber ein paar Leute offensichtlich ein Problem, denn Unbekannte sprühten tags zuvor.

00:40:04: Anti-März-Parolen wie z.B.

00:40:06: Merz aus Maul oder ganz Menden hasst die CDU auf die Außenwand der Schützenhalle, in der dann die Wahlkampfveranstaltung stattfand.

00:40:15: Das Ganze stellt unstreitig eine Sachbeschädigung dar.

00:40:19: Kurzer Rückblick ins Strafrecht.

00:40:21: Wir haben mit dem Paragraphen Dreihundert drei STGB, in dem die Sachbeschädigung geregelt ist und in dem Absatz zwei heißt es, dass ebenso bestraft wird, wer unbefugt das Erscheinungsbild an der fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur verrübergehend verändert.

00:40:34: Der Absatz ist zweitausendfünf eingefügt worden, um eben eine Strafbarkeitslücke genau für diese Fälle für Schmierereien und Graffitis um die zu schließen.

00:40:44: Also... soweit so gut.

00:40:46: In unserem Fall wurden deshalb dann auch strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet.

00:40:51: Und im Zuge dieser Ermittlungen kam es dann zu einer Hausdurchsuchung.

00:40:55: Und die schauen wir uns jetzt genauer an, denn die hat das Landgericht Ahnsberg in seinem Beschluss für rechtswidrig erklärt.

00:41:02: Ja, zu Hausdurchsuchungen muss man ja sagen, dass die inzwischen ja fast als Standardmaßnahme der Ermittlungsbehörden gelten, wenn gegen eine Person ein dringender Tatverdacht besteht.

00:41:13: Und es kommt dabei, das muss man auch dazu sagen, immer wieder zu fehlern oder eben auch dazu, dass Gerichte, die durch Suchung anschließend verrechtswidrig erklären.

00:41:22: In unserem Fall sind aber gleich mehrere Sachen juristisch schief gegangen und dazu ist der Fall auch noch politisch präsent.

00:41:29: So sieht es aus.

00:41:30: Fangen wir vielleicht mal mit dem Juristischen an.

00:41:32: Auch dazu eine kleine Aufrischung unseres Businesses aus der Vorlesung zum Strafprozessrecht.

00:41:37: Denn die Durchsuchung beim Verdächtigen einer Straftat, die ist in Paragraph onehundertzwei der Strafprozessordnung geregelt und die hat mehrere Voraussetzungen.

00:41:47: Eine davon ist das Vorliegen eines Anfangsverdachts.

00:41:51: Es muss also tatsächliche Anhaltspunkte dafür geben, dass die Person, bei der die Ermittlungsmaßnahme durchgeführt wird, ja, dass sie eine Straftat begangen

00:41:58: hat.

00:42:00: Ja und in diesem Fall stürzt sich die Hausdurchsuchung des Amtsgerichts Ahnsberg auf mehrere Anhaltspunkte.

00:42:06: Zum einen hatte eine Zeugen ausgesagt, zwei junge Menschen im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren in der Tat Nacht in der Nähe der Schmierereien gesehen zu haben.

00:42:17: Die Gesichter, so hat sie gesagt, habe sie sich allerdings nicht merken können.

00:42:22: Zum anderen hatte die Polizei ein anonymes Hinweis schreiben erhalten und in diesem Schreiben stand, die Polizei solle die Person bei der die Hausdurchsuchung später vorgenommen wurde, ins Visier nehmen.

00:42:34: Ja, klingt alles recht wage und so hat es auch das Landgericht Ahansberg gesehen, dass dann den Durchsuchungsbeschluss überprüft und für

00:42:41: rechtswidrig erklärt hat.

00:42:43: Darin steht, dass die Zeugenaussage, ja, eben allenfalls eine wage Personenbeschreibung darstelle und das anonyme Hinweis schreiben, habe keine sachliche Qualität.

00:42:53: Man könne eben keine falsche Verdächtigungen ausschließen.

00:42:56: Außerdem reiche auch die Zugehörigkeit der Verdächtigen zur Jugendorganisation an der konkurrierenden demokratischen Partei.

00:43:03: nicht aus.

00:43:04: Und an dieser Stelle, Sie merken es, wird es politisch schon ein bisschen präsent,

00:43:09: denn

00:43:09: die Person, bei der die Durchsuchung durchgeführt wurde, das ist die damals siebzehnjährige Nele Kroschinski und die ist Ortsvorsitzende der Juusos in Menden.

00:43:21: Ja, und die Hausdurchsuchung war noch aus einem anderen Grund rechtswidrig, denn eine weitere Voraussetzung der Hausdurchsuchung ist ein entsprechender Antrag der Staatsanwaltschaft.

00:43:31: Und die hatte aber gar keinen eigenen Antrag auf eine Hausdurchsuchung gestellt, sondern sich eigentlich nur der Polizei angeschlossen, was eher unüblich ist.

00:43:40: Die hatte eine Durchsuchung in dem Fall angeregt und auch der Ermittlungsrichter hatte keinen Kontakt mit dem ermittelten Staatsanwalt, wie sich hinterherausgestellt hat.

00:43:50: Und das hat eben das Gericht auch moniert.

00:43:53: Und auch hier eine weitere Auffrischung aus der SCPO-Vorlesung.

00:43:56: Wir merken, der Fall ist durchaus auch geeignet, um als Klausur abgeprüft zu werden.

00:44:02: Denn an dieser Stelle kann man darauf hinweisen, dass die Staatsanwaltschaft und nicht die Polizei Herrin des Ermittlungsverfahrens ist.

00:44:10: Die Staatsanwaltschaft hat sich später auch zu der Sache geäußert und damit gerechtfertigt.

00:44:16: dass ein solcher Antrag auch durch die Polizei als Hilfsperson der Staatsanwaltschaft übermitteln werden könne.

00:44:22: Allerdings ist dafür eine besondere Allbedürftigkeit von Nöten.

00:44:26: Und hier war es aber so, dass die Schmierereien bereits im Januar stattgefunden hatten, der durch Suchungsbeschluss aber erst einen Monat später erlassen wurde.

00:44:36: Da kann man von einer besonderen Allbedürftigkeit wohl eher nicht mehr sprechen.

00:44:41: Ja, der Vollständigkeit halber, gehen wir auch noch auf eine weitere politische Facette ein.

00:44:46: Denn der Richter, der die Hausdurchsuchung genehmigt hatte, war nur ein Richter auf Probe.

00:44:51: Und an der Spitze des Gerichts, das die Durchsuchung bewilligt hatte, steht Charlotte Merz, die Gattin des Bundeskanzlers.

00:44:59: Wie ist denn das zu werden, lieber Finn?

00:45:01: Ja, diese kleine Facette, kleine aber nicht ganz unbedeutende Facette in diesem Fall, der hat eben dazu gefügt, dass es ganz viele aufgeregte Kommentatoren, vor allem in den sozialen Netzwerken gab, die direkt an Machtmissbrauch gewittert haben.

00:45:13: Und da muss man so ein bisschen den Wind aus den Segel nehmen.

00:45:17: Denn es gibt bis heute keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass Charlotte Merz in irgendeiner Weise Einfluss auf die Hausdurchsuchung ausgeübt hat.

00:45:27: Sie ist als Direktorin des Amtsgerichts nämlich nicht... die Chefin oder Vorgesetzte eines Richters dem gegenüber der Richter weisungsbefugt oder sie weisungsbefugt wäre, ganz im Gegenteil.

00:45:38: Es gilt natürlich die rechterliche Unabhängigkeit.

00:45:41: Jetzt kann man natürlich wild darüber spekulieren, dass es in einem eher kleinen Amtsgericht nicht unüblich ist, wenn man sich eben über prominente spektakuläre und vielleicht auch politische

00:45:51: Fälle austauscht,

00:45:52: beim Mittagessen zum Beispiel in der Kantine.

00:45:55: Aber handfeste Beweise dafür, dass Charlotte Merz in so einem hypothetischen Gespräch Einfluss ausgeübt hat oder dass der Richter auf Probe vielleicht in einer Art voraus einem Gehorsam gehandelt hat, die gibt es nicht.

00:46:08: Ja, und dann gibt es ja noch ein weiteres Detail, das in die Diskussion über diesen Fall einfließt.

00:46:13: Ein CDU-Kommunal-Politiker war nämlich als Polizist in die Ermittlungen wegen der Schmierereien eingebunden.

00:46:20: Und darüber hinaus ist er auch noch Vorstandsmitglied des Schützenvereins, dessen Wand mit den Graffitis beschmiert wurde.

00:46:28: Er hatte auch die Zeugen befragt, auf deren Aussage das Amtsgericht den Durchsuchungsbeschluss unter anderem gestützt hatte.

00:46:35: Und das ist natürlich schon ein etwas präsenterer Fakt.

00:46:40: Was hat das zu bedeuten, lieber finden?

00:46:42: Ja, definitiv.

00:46:43: Inzwischen hat sich sogar der Rechts- und der Innenausschuss in NRW mit diesem Fall beschäftigt, eben aufgrund dessen, was du gerade gesagt hast.

00:46:49: Und für NRW Innenminister Herbert Reul sah eben glasklar, dass der Polizist befangen gewesen sein soll.

00:46:57: Und die Kriminalpolizei Merkischer Kreis, wo dieser betreffende Polizist eben arbeitet, ja, die prüft derzeit auch, ob eine Dienstverletzung vorgelegen hat und möglicherweise die Einladung eines Disziplinarverfahrens.

00:47:11: Dann sollte sich der Vorwurf bestätigen, stünde nicht weniger als ein schwerwiegender Fall von Amtsmissbrauch im Raum, verbunden mit einer gravierenden Verletzung des Grundrechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung.

00:47:23: Das kann man... glaube ich, so festhalten.

00:47:26: Und das Landgericht Ahnsberg hat dem bereits jetzt auch eine klare Absage teilt und betont auch natürlich in politisch aufgeladenen Verfahren gelten rechtsstaatliche Standards uneingeschränkt.

00:47:39: Und deshalb ist das unser gerechtes Urteil dieser Woche.

00:47:44: Und damit sind wir auch schon am Ende unserer Sendung angekommen.

00:47:48: Wer uns eine höher Frage stellen möchte oder Feedback und Themenideen für unseren Podcast hat, Kann Sie gerne an redaktioneinspruch.de schicken.

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00:48:20: Besonders interessant, die Referendare können sich auch bei uns in der Einspruchredaktion einbringen.

00:48:26: Für heute bedanken wir uns fürs Zuhören und wünschen Ihnen eine schöne Woche.

00:48:30: Auch von mir eine schöne Woche und bleiben Sie ein Buch treu.

Über diesen Podcast

Ukraine-Krieg, Datenschutz, Mord und Totschlag: Keine Woche vergeht, ohne dass neue Gesetze und Urteile die Öffentlichkeit beschäftigen. Jeden Mittwoch verhandeln wir die wichtigsten Themen im Podcast für Recht, Justiz und Politik mit ausgewiesenen Fachleuten und haben dabei stets im Blick, welche Bedeutung juristische Themen in der Praxis, aber auch für die Examensvorbereitung von Studenten und Referendaren haben.

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von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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